Baustellen-Sommer: Die FPÖ und ihre Schlagloch-Rallye

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Parteigranden vor Gericht, Königshofer-Fans im Netz und ein Wunderheiler im Universum. Die Parteiinterne Unruhe sorgt für bewölkte Stimmung bei FP-Chef Heinz-Christian Strache.

Graz. . Es bleibt ein Sommer der Baustellen für die FPÖ. Die Schlaglöcher, die Partei-Chef Heinz-Christian Strache seit Wochen zuzuschütten versucht, werden nicht weniger. Zu alten kommen neue dazu, bereits planiert geglaubte brechen wieder auf.

So ist seit einigen Tagen auf der Internetplattform Facebook eine Seite aktiviert, die sich „Nationalratswahl 2013: Liste6, Werner Königshofer“ nennt. Königshofer war Ende Juli aus der FPÖ und dem freiheitlichen Parlamentsklub ausgeschlossen worden. Auslöser waren Kommentare zu den Anschlägen in Norwegen, in denen der streitbare Tiroler die Zahl der Opfer mit Abtreibungen gegengerechnet und mit der Fristenlösung in Verbindung gebracht hatte. Damit hatte „er sich selbst aus der Gesinnungsgemeinschaft herausgenommen“, begründete Strache den Rausschmiss Königshofers.

Königshofer sitzt seither laut Parlamentshomepage als „funktionelle Opposition“ im Hohen Haus, fühlt sich, wie er in Gespräch mit der „Presse“ betont, „weiterhin als Freiheitlicher, weil die FPÖ hat ja kein Monopol darauf hat“ und freut sich auf seiner privaten Homepage über mittlerweile „tausend Solidaritätserklärungen“. Mit der jüngsten Facebook-Seite, auf der neben einem Foto von ihm auch vermeintlich persönliche Beiträge gepostet sind, habe er allerdings nichts zu tun: „Das ist ein Blödsinn. Ich werde sicher nicht antreten.“ Er wisse nicht, „was da auf Facebook alles los ist“. Zumindest vier User klickten bis gestern Nachmittag jedenfalls den „Gefällt mir“-Button.

Auf deutlich weniger Gegenliebe stoßen die aktuellen Vorgänge rund um und in der FPÖ beim Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant. Es ist – inhaltlich wie personell – kein ganz neues Duell. Muzicant wirft Strache vor, er „und seine Leute“ seien „unfähig, sich von Rechtsextremen, Ultrarechten und Keller-Nazis ein für alle Mal loszusagen“. Umgehend ritt FP-Generalsekretär Harald Vilimsky aus, um die Aussagen zurückzuweisen. Es gebe in der FPÖ weder „Keller-Nazis“ noch Rechtsextreme, außer in der Fantasie Muzicants.

Scheuch: „Ich mache weiter“

Weniger dem Fantastischen als der Realität entnommen sind dagegen Fälle, bei denen sich Freiheitliche vor Gericht zu verantworten haben. Zum einen sorgt die erstinstanzliche Verurteilung von Uwe Scheuch weiterhin für interne Unruhe. Trotz wachsendem Druck auf den Chef der Kärntner-FPÖ-Filiale FPK denkt dieser aber weiterhin nicht an Rücktritt. Zwar habe er nach dem Urteil kurz daran gedacht, aber: „Ich mache weiter; länger als alle glauben“, richtete er jetzt via „Kleine Zeitung“ seinen Kritikern wieder trotzig aus.

Rücktritt im Fall einer Verurteilung? Als Spekulation weist auch der steirische FPÖ-Obmann Gerhard Kurzmann diesbezügliche Fragen zurück. Kurzmann wird sich – voraussichtlich im Herbst – wegen des im steirischen Landtagswahlkampf 2010 von der FPÖ online gestellten Internetspiels „Moschee baba“ vor Gericht verantworten müssen. Er und der von der FPÖ als Wahlkampfstrategen engagierten Schweizer PR-Experten Alexander Segert sind wegen Verhetzung angeklagt. Höchststrafe: zwei Jahre. „Ich rechne mit einem Freispruch“, sagt Kurzmann und spricht von einem „harmlosen Spiel“. „Weil das Vorgehen der FPÖ, vor Wahlen einen Skandal zu provozieren, offenbar Methode hat, haben wir das erstmals in dieser Weise angeklagt“, begründet der Leiter der Staatsanwaltschaft in Graz, Thomas Mühlbacher, das Vorgehen der Justiz.

Die FPÖ setzt indes weiter auf Segert. Die Grazer Freiheitlichen haben ihn bereits als Berater für den Gemeinderatswahlkampf 2013 gebucht. Segert, der in der Schweiz vor allem die rechtskonservative SVP berät, ist für seine schlagwortartigen Kampagnen berüchtigt. Aktuell läuft in der Schweiz eine „Volksinitiative gegen Masseneinwanderung“ mit Slogans wie „Kosovaren schlitzen Schweizer auf“.

Auf mentale Stärke statt Schlägerjargon setzt dagegen ein hoher Funktionär der steirischen Freiheitlichen. Gerhard Maier, Direktor des FPÖ-Landtagsklubs und Bezirksparteiobmann im südsteirischen Bad Radkersburg, preist im Internet seine Dienste als Energetiker an. „Eigentlich wollte ich ja nicht als ,Wunderheiler‘ tätig werden“, erklärt der Jurist dort. Erst ein Fall in der eigenen Familie habe ihn auf diesen Weg gebracht. Maier ließ sich in „Theta Healing“ ausbilden, betrieb „Studien der magischen und philosophischen Lehren“ und verfügt mittlerweile über ein „Masterdiplom“ für die Referenzpunktmethode.

Seither surft er „professionell jenseits des Universums auf der siebten Ebene und von dort in die Körper meiner Mitmenschen, wo es Erstaunliches zu entdecken gibt“, und hilft so bei Stressbewältigung. Das könnte die FPÖ derzeit ganz gut brauchen.

Auf einen Blick

Heinz-Christian Strache hat als Parteichef der FPÖ derzeit alle Hände voll zu tun, um Unruheherde in der Partei zu befrieden und nach außen Geschlossenheit zu zeigen. Nach dem Rausschmiss von Werner Königshofer aus der FPÖ wartet noch ein heißer Herbst: Der Fall des (nicht rechtskräftig) verurteilten FPK-Chefs Uwe Scheuch geht in die zweite Instanz, der steirische FP-Chef Gerhard Kurzmann muss sich wegen Verhetzung vor Gericht verantworten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2011)

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