Die SPÖ und ihr Märchen von der „gerechten“ Steuer

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Solange der Staat seinen Ausgabenrausch nicht unter Kontrolle bringt, hat kein Regierungschef das Recht, die Bürger mit neuen Steuervorschlägen zu belästigen.

Spät, aber doch hat nun auch Regierungschef Werner Faymann das Geheimnis gelüftet, wie er sich die nähere Zukunft des Landes so vorstellt. Das ist sehr erfreulich, schließlich wird sich Österreich schon bald mit einer unangenehmen „TripleA“-Debatte konfrontiert sehen. Das „Vorzeigeland“ Österreich kann die Zinsen für seinen 214 Milliarden Euro hohen Schuldenberg ja längst nicht mehr aus den laufenden Einnahmen decken, sondern nur über neue Kredite. Dass ein derartiger Staat noch Geldgeber findet, liegt vor allem an seinen leistungsstarken Exportbetrieben. Mit ihnen verfügt Österreich über ein funktionierendes Geschäftsmodell. Flacht die globale Konjunktur aber wie prognostiziert ab, ist es damit vorbei.

Was schlägt der Kanzler also vor, um Österreich auf diesen möglichen Fall vorzubereiten? Die längst überfällige Verwaltungsreform, damit das föderale Geldanzünden endlich ein Ende findet? Oder läuft demnächst gar die „Hacklerregelung“ aus, mit deren Hilfe vor allem Beamte in die Frühpension verschwinden? Vielleicht denkt Herr Faymann ja auch an eine Rückführung der staatlichen Ausgaben auf Vorkrisenniveau, wodurch der Staatshaushalt jährlich um zehn Milliarden Euro entlastet wäre – zumal ja niemand behaupten wird, dass Österreich im Jahr 2008 einer manchesterliberalen Folterkammer glich.

Nichts von alldem wird geschehen. Das wirtschaftliche Konzept von Werner Faymann zählt nämlich nur zwei Wörter: neue Steuern. Einmal mehr ist es die Vermögenssteuer, die dem Land mehr Gerechtigkeit und dem verschwenderischen Staat zusätzliche Einnahmen bescheren soll, wie der Kanzler am Mittwochabend erklärte. Abgesehen davon, dass die Einkünfte aus Vermögen bereits voll versteuert werden, wäre es tatsächlich lohnend, darüber zu diskutieren, ob es nicht an der Zeit wäre, arbeitsfreie Einkommen stärker zu belasten, um im Gegenzug allen Bürgern etwas mehr von deren Arbeitseinkommen zu überlassen.

Immerhin heben ja auch kapitalistische Hochburgen hohe Erbschafts- und Grundsteuern ein, wie die Linke gern anführt. Allerdings wird der zweite Teil der Geschichte bewusst unterschlagen: In diesen Ländern werden die laufenden Einkommen nur halb so hoch besteuert, deshalb können sich die Bürger auch die an den Staat abzuführenden Vermögenssteuern leisten. Im krassen Gegensatz zu Österreich: Hierzulande wird den Erwerbstätigen vom Staat über die Hälfte ihrer Bruttolöhne (inklusive Arbeitgeberbeiträge) abgeknöpft – und von diesen bescheidenen Nettolöhnen sollen sie auch noch für ererbtes Vermögen Steuern abführen? Für Vermögen, das von den Vorfahren ebenfalls mit versteuerten Einkommen geschaffen wurde.

Gänzlich absurd wird die Debatte, wenn man weiß, dass das Finanzministerium bis 2015 mit einem Anstieg der Steuereinnahmen um 28Prozent rechnet. Damit wachsen die Einkünfte der Republik dreimal so schnell wie die prognostizierte Teuerungsrate. Länder und Gemeinden werden dann etwas mehr als 30 Milliarden Euro überwiesen bekommen – das ist um 32Prozent mehr als 2010. Das Land leidet also keineswegs unter zu niedrigen Steuereinnahmen. Es laboriert vielmehr an einem unkontrollierten Ausgabenrausch.

Diesen Rausch zu beenden ist das Gebot der Stunde. So rechnete Rechnungshofpräsident Josef Moser in Alpbach vor, dass die Republik demnächst 40Prozent ihrer Einnahmen für Zinsen und Pensionen ausgeben wird. Das ist nicht die Ausgabenstruktur eines wettbewerbsfähigen Landes, sondern die Visitenkarte eines Schuldners, der jahrelang Geld ausgab, das er nie hatte.


Solange also nicht klar ist, wie der Staat seine verschwenderischen Organe in die Pflicht zu nehmen gedenkt, hat kein Regierungschef dieses Landes das Recht, die Bürger mit einer Debatte über neue Steuern zu belästigen. Ist das einmal erledigt, steht auch einer systemischen Diskussion nichts im Weg. Vorausgesetzt, dass sich die Steuerquote endlich nach unten orientiert – und jeder Bürger von seinen Landsleuten nur das einfordert, was er auch selbst zu leisten bereit ist. Das gilt für die Einkommensteuer ebenso wie für die angeblich so „gerechte“ Vermögenssteuer. Bis es so weit ist, werden aber noch einige Kanzler kommen und gehen.

E-Mails an: franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2011)

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