Bei einer Diskussionsrunde lobte der ehemalige ÖVP-Klubobmann den Rücktritt Wolfgang Schüssels. Dennoch hagelte es Kritik für die ÖVP.
Andreas Khol, ehemaliger Nationalratspräsident und jahrelanger Wegbegleiter Wolfgang Schüssels, verteidigt dessen Rücktritt als richtigen Schritt. Schüssel verhindere dadurch, dass die Debatte um die Telekom-Korruptionsaffäre auf einen Nebenschauplatz verlagert werde, erklärte der ehemalige ÖVP-Klubobmann am "Runden Tisch" im ORF-Fernsehen. In Österreich gebe es ohnehin nur eine "unterentwickelte Rücktrittskultur", sagte Khol. "Da lassen sich die Leute eher hinaustragen." Für ihn war und ist Schüssel nach wie vor "ein Ehrenmann".
Dass Schüssel nichts von den eventuell zwielichtigen Machenschaften mehrerer seiner Kabinettsmitglieder nichts gewusst habe, will "Presse"-Kolumnistin Anneliese Rohrer nicht glauben. Sie entgegnete Khol: "Jahrelang hat die ÖVP diesen Popanz aufgebaut, dass Schüssel alles unter Kontrolle hat." Dass er während seiner Kanzlerschaft nichts mitbekommen habe, sei "die glatte Verdrängung", so Rohrer.
Österreich auf Stufe mit Qatar
Der Politikwissenschaftler Peter Filzmeier gab zu bedenken, dass in Österreich das Vertrauen in die Politik schon so erschüttert ist, dass man derzeit "auf dem Niveau von Chile und Qatar" stehe. Die Symbolwirkung von Schüssels Rücktritt werde darauf wenig Auswirkungen haben. Filzmeier ergänzte, dass die ÖVP derzeit wohl kaum noch auf 24 Prozent der Wählerstimmen kommen würde. Allerdings seid das irrelevant, da die nächste Wahl 2013 noch weit entfernt sei.
Andreas Koller, stellvertretender Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, glaubt, dass die neu ans Licht kommenden Korruptionsvorwürfe der ÖVP schaden werden. Gleichzeitig zeigte er sich in der Diskussionsrunde verwundert, dass die ÖVP die Chance nicht nutzt, um sich "zur Speerspitze der Aufklärung" zu machen. Man könnte glauben, die ÖVP habe etwas zu verbergen, sagte Koller.
Raidl für Aufklärung
Zuvor zeigte sich Nationalbankpräsident Claus Raidl im ZiB2-Interview genauso wie Khol von der Sinnhaftigkeit von Schüssels Rücktritt überzeugt. Dieser sei "wichtig für die Aufklärung". Dass die Vorkommnisse um die Telekom aufgeklärt seien, sei jetzt das wichtigste. Raidl wünscht sich auch, dass die Justiz "personell ordentlich ausgestattet" wird. Korruptionsverfahren sollen nicht mehr so lange dauern, fordert der ehemalige Chef von Böhler-Uddeholm und langjährige Berater von Wolfgang Schüssel.
(db)