Fremdwährungskredite: EU überprüft Ungarns Bankengesetz

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Europäische Kommission ist über das umstrittene ungarische Gesetz über die Abwicklung von Fremdwährungskrediten besorgt, prüft die rechtliche Lage und schließt ein Vertragsverletzungsverfahren nicht explizit aus.

Brüssel. Am Montagabend hat das ungarische Parlament das umstrittene Gesetz über die Abwicklung von Fremdwährungskrediten beschlossen, und das ruft nun die Europäische Kommission auf den Plan. „Unser juristischer Dienst wird sich jetzt den genauen Inhalt dieses Gesetzes anschauen“, sagte der Sprecher von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn zur „Presse“. Ob diese Prüfung dazu führt, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einleitet, sei derzeit noch nicht abzuschätzen. Der Sprecher wollte es aber auch nicht ausdrücklich ausschließen.

Das Gesetz soll nach Vorstellung der Budapester Regierung helfen, die schwere Verschuldung hunderttausender Ungarn zu lindern. Sie hatten Fremdwährungskredite in Schweizer Franken und Euro aufgenommen, die sie mit der Landeswährung Forint zurückzahlen. Der Kurs des Forint fällt allerdings seit geraumer Zeit im Vergleich zu den beiden westlichen Währungen. So werden die Kreditraten immer teurer.

Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit einer äußerst günstigen vorzeitigen Tilgung der Kredite. Die Kreditnehmer sollen das Recht erhalten, ihre Darlehen zu vorab festgelegten Wechselkursen zurückzuzahlen. Die gesetzlich fixierten Kurse betragen 180 Forint je Franken und 250 Forint je Euro. Zum Vergleich: Am Dienstagnachmittag notierte der Euro bei 291 Forint und der Franken bei 241 Forint. Bis 30. Dezember 2011 können die Kreditnehmer ihren Banken ankündigen, dass sie zurückzahlen wollen, und zwar in einer einmaligen Zahlung. Die muss danach binnen 60 Tagen erfolgen.

Schaden für Österreichs Banken

Diese Causa hat zu Unstimmigkeiten zwischen Österreich und Ungarn geführt. Denn die österreichischen Banken Erste und Raiffeisen sind von diesem Gesetz besonders betroffen. Sie hoffen, dass das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg eine einstweilige Anordnung erlässt, sobald die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.

Die Höhe des Schadens für die österreichischen Banken ist vorab schwer zu schätzen. Die Nachrichtenagentur Dow Jones zitierte am Dienstag einen Händler, der von 150 Millionen Euro sprach, die die Banken eingepreist hätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2011)

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