Koalition: Kanzler plant "Machtwort"

Koalition Kanzler plant Machtwort
Koalition Kanzler plant Machtwort(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Faymann kündigte an, er werde wohl in Sachen Inserate, vor allem aber allgemein zur kolportierten Koalitionskrise „ein Machtwort im Kabinett sprechen“. Rot-Schwarz sei intakt, unterstrich der Kanzler.

Wien/Pö/Apa. Kaum hatte er nach seiner USA-Reise wieder österreichischen Boden unter den Füßen, da rang Kanzler Werner Faymann (SPÖ) um Haltung in der heimischen Inseratendebatte – und um Frieden, aber auch Themenführerschaft in der Regierung. Punkt eins: Die jüngsten Vorwürfe „gehen ins Leere“, sagte der Kanzler der „Kleinen Zeitung“ zu Anschuldigungen um Inserate des Autobahnbauers Asfinag. Wie unter anderem das „Profil“ berichtete, soll zu Faymanns Zeit als Verkehrsminister ein Zeitungsinserat direkt vom Büro des Ministers in Auftrag gegeben worden sein – und der Zeitung sei mitgeteilt worden, dass die Rechnung an die Asfinag zu richten sei. Auch auf Rechnung der ÖBB habe Faymann als Minister Inserate in Auftrag geben lassen. Außer dem nunmehrigen Kanzler dementierte der Asfinag-Vorstand, der von einer korrekten Vorgehensweise sprach. „Alles in Ordnung“, unterstrich man im Kanzleramt.

Punkt zwei der neuen Faymann'schen Strategie: Der Kanzler kündigte an, er werde nun wohl auch in Sachen Inserate, vor allem aber allgemein zur kolportierten Koalitionskrise „ein Machtwort im Kabinett sprechen“. Dieses werde sich aber „nicht gegen den Koalitionspartner richten, sondern an jene Kräfte in beiden Parteien, die für Österreich das Beste wollen“, heißt es in der „Kleinen Zeitung“. Einen Vergleich zur vorherigen Großen Koalition hält Faymann für „unangebracht“: Die Stimmung damals sei „gehässig“ gewesen; davon könne unter ihm und ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger keine Rede sein, so die Botschaft. Noch vor Tagen hatte es geheißen, die beiden Regierungsspitzen hätten bei ihrer Reise in die USA heftig gestritten: Spindelegger und Faymann waren gemeinsam zur UNO-Vollversammlung nach New York geflogen. Beide dementierten danach ein verbales Hickhack.

Am Wochenende unterstrich Faymann: Rot-Schwarz sei intakt. Vorgezogene Neuwahlen jedenfalls, von denen ebenfalls schon an der Gerüchtebörse zu hören war, schließe er „dezidiert“ aus.

Keine Regierungsinserate mehr?

Unterdessen kam in der schon länger anhaltenden Inseratenaffäre, die laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Faymann einschließt, eine klare Ansage von Faymanns Vize: Spindelegger hatte bereits in der „Presse am Sonntag“ gemeint, er sehe in der Angelegenheit rund um Faymann „unglaublichen Aufklärungsbedarf“. Außerdem regt der Vizekanzler an, dass Regierungsinserate von einer unabhängigen Kommission überwacht werden. Insgesamt brauche es ein neues Presseförderungssystem. Spindelegger kann sich auch vorstellen, dass Regierungsinserate überhaupt abgeschafft werden, während die Presseförderung angehoben wird.

Franz Fiedler von Transparency International Österreich erklärte im ORF-Fernsehen, im geplanten Medientransparenzgesetz müsse klar festgelegt werden, wie Inserate von Ministern auf Kosten der Steuerzahler gestaltet sein müssen – oder dürfen. „Glatte Parteipropaganda“ oder Propaganda für einen Minister statt Information wäre abzulehnen. Noch ist Fiedler die Novelle zu lax.

Konkret wird es unterdessen mit dem Lobbyistengesetz, das Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) in Grundzügen vorgelegt und zuletzt noch einmal überarbeitet hat. Schon morgen, Dienstag, könnte der Entwurf im Ministerrat behandelt werden, hieß es aus dem Umfeld der Ministerin. Das Papier sieht ein Register von Lobbyisten (mit Abstufungen), Sanktionen und Unvereinbarkeitsbestimmungen für Funktionsträger vor. Wer soll wo und wie Lobbyismus betreiben dürfen? Geht es nach der SPÖ, sollten gesetzliche Interessenvertretungen – wie Arbeits-, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer – vom Lobbyistengesetz nicht erfasst sein, verlautete am Sonntag. Karl hat das bisher allerdings vorgesehen. Sowohl von ihrer Partei, der ÖVP, als auch von der FPÖ kam am Sonntag Kritik in Richtung der Kanzlerpartei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2011)

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