Großer Andrang – gut verteilt

(c) Alex Schelbert
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Messezentren müssen heute Menschenmassen lenken können und dafür sorgen, dass kein An- oder Abfahrts-Chaos ausbricht. Flexibilität ist dabei Trumpf.

Auf dem Messesektor herrscht Aufbruchstimmung, es wurde und wird viel investiert. 77 Millionen Euro waren es in Österreich, die man heuer und letztes Jahr in die rund eine Million Quadratmeter Ausstellungsgelände gesteckt hat. Der Geschäftsführer der Arge Messen Austria, Robert Schneider, ermuntert seine Branche, dies weiter zu tun: „Es ist notwendig, in Qualität und Infrastruktur zu investieren.“

Deutschland – mit sechs der zehn größten Standorte weltweit – ist das Vorbild. Zum Beispiel die Messe München. Sie wurde 1998 in Riem mit 1,18 Millionen Euro Investment neu aufgestellt und gleich noch zweimal erweitert.

Anschlussmöglichkeit?

Wo viel Messebetrieb herrscht, sind auch in der Umgebung und Infrastruktur hohe Kapazitäten notwendig. Die gute Erreichbarkeit per Auto und öffentlichem Verkehr gehört zu den Grundvoraussetzungen. Im Fall der großen Messeveranstalter geht man hier keine Kompromisse ein. Sind es in München zwei Autobahnanschlüsse, die das Gelände anbinden, hat man beim Messegelände Rho in Mailand, einem der größten der Welt, gleich drei zu jeweils unterschiedlichen Autobahnen. Der Standort zwischen dem Flughafen Malpensa in die eine Richtung, und zum fünfzehn Kilometer entfernten Mailänder Stadtzentrum in die andere Richtung ist gut gewählt.

Drehkreuz Wien

„Wenn der internationale Messebetrieb im Vordergrund steht, dann spielen natürlich die Flugverbindungen eine Rolle“, meint Paul Hammerl, Sprecher der Reed Exhibitions in Österreich. Er verweist auch auf die Drehkreuzfunktion Wiens nach Zentral- und Osteuropa. Für die Verortung der Gewerbeimmobilienmesse Real Vienna ist dies beispielsweise ein entscheidendes Argument gewesen.

U-Bahn-Stationen für die öffentliche Anbindung an die Stadtzentren sind natürlich ebenfalls ein Thema – ganz besonders für Publikumsmessen. Wenn es mehrere Anschlussmöglichkeiten gibt, ist das auch strategisch günstig: Je nach Größe der Veranstaltung kann man in Wien entweder das eine oder das andere – oder beide – der direkt an den U-Bahn-Stationen gelegenen Foyers nutzen. Die Anlagen sind also komplex – und Entflechtung ist ein Schlüssel bei deren Konzeption. Florian Riegler, Architekturprofessor und Planer des Messegebäudes in Graz, sieht darum auch die strukturelle Planung als entscheidend: „Das Layout ist wichtig bei der Messeplanung, also die Zuordnung der unterschiedlichen Zonen.“ Der reibungslose Betrieb will bedacht sein.

Terminliche Überschneidungen bei Veranstaltungen sorgen im Betrieb eines Messegeländes für zusätzliche Spannung. „Auf- und Abbau unterschiedlicher Veranstaltungen greifen mitunter ineinander. Weil die eigentliche Messezeit zum Teil kürzer ist als die Auf- und Abbauphase, ist dies unvermeidlich“, erklärt Hammerl. Der Lenkung der Besucherströme sowie den logistischen Möglichkeiten kommt daher große Bedeutung zu. Auch gesonderte Zugänge in die einzelnen Ausstellungsbereiche sind sinnvoll.

Anpassungsfähigkeit

Die Verschiedenartigkeit der Veranstaltungen bringt unterschiedliche Anforderungen mit sich. Eine große Baumesse hat andere Platzerfordernisse als zum Beispiel eine Kleintierschau. Gerade, was die Hallengröße betrifft, sind daher flexible Lösungen gefragt. In Salzburg, wo für diesen Oktober die Eröffnung einer neuen Halle vorgesehen ist, war dies von Anfang an berücksichtigt worden. Je nach Anforderung ist dort ein Splitting der Hallen möglich.

An Größe kaum zu überbieten ist die Münchner Baumesse, die 250.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche benötigt, ein Gutteil davon im Freigelände. Hier muss folglich auch die Überdachungsfrage berücksichtigt werden.

Ein aktueller Trend ist die Ausrichtung von Kongressen und anderen Großveranstaltungen auf dem Messegelände. „Wenn ein Kongressveranstalter kommt, hat die Industrie wichtige Branchenvertreter an einem Ort versammelt und kann sich präsentieren“, liefert Hammerl die Begründung. Von den Immobilienmessen kennt man es umgekehrt: wenn die Vortragsräume für Expertenvorträge genutzt werden.

Markanter Messeturm

Trotz der planerischen Anforderungen ist die Architektur oft zurückhaltend. Als typisches markantes Merkmal bleibt zumeist ein Messeturm wie in Wien oder München Riem. Auch in Graz hat man die Architektur gezielt zurückgenommen. „Das Gebäude ist so angelegt, dass es ins städtische Umfeld optimal eingebettet ist“, meint Riegler. Blickt man nach Mailand, so führt dort ein Boulevard unter einem transparentem gewölbten Dach die Besucher zu den Hallen.

Beim Thema Energieversorgung achtet man heutzutage verstärkt auf ökologische Standards. „Unsere Aussteller und Besucher sollen wissen, dass mit Ressourcen vernünftig und sorgsam umgegangen wird“, meint Henrik Häcker, Geschäftsführer des Messezentrums Salzburg. Vorbild in Sachen Umweltbewusstsein ist wieder München, wo nun beispielsweise die Beheizung der Messehallen durch Geothermie erfolgt.

Auf einen Blick

Ob ein Messestandort Erfolg hat, hängt nicht nur davon ab, wie gut er verkehrstechnisch angebunden ist. Die Infrastruktur muss passen, um logistische Herausforderungen zu bewältigen. Die Hallen sollten heute flexibel nutzbar sein und auch Kongresse und andere Großveranstaltungen aufnehmen können. Architektonisch sind die Hallen meist eher zurückhaltend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2011)

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