Ökohotels: Es lebt sich gut in der grünen Nische

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Vom Putzmittel bis zum Frühstückskaffee – nachhaltige Kriterien sind umfassend. Was Hotels können sollten. von Patrick Baldia

Nicht nur in ökologischer, auch in ethischer Hinsicht spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Dass Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft konsumiert werden, ist für eine breite Bevölkerungsschicht mittlerweile selbstverständlich. Auch das Bewusstsein dafür, dass die Menschen, die hinter einem bestimmten Produkt stehen, ethisch einwandfrei behandelt werden, wird immer stärker. Im Tourismus hat sich dieser Gedanke auf breiter Ebene noch nicht durchgesetzt. Hotels, die entsprechend nachhaltigen Kriterien geführt werden, spielen noch eine Nebenrolle auf dem Markt – hört man auf Experten, dann allerdings nicht mehr lange.

Wirtschaftlich interessant

„Ökohotels sind derzeit eine Marktnische, die man gut und erfolgreich besetzen kann, vorausgesetzt, man beschäftigt sich auch damit“, erklärt Dietmar Reindl, Managing Director bei der Falkensteiner Michaeler Tourism Group (FMTG). In dieselbe Kerbe schlägt Manfred Kohl, Geschäftsführer der Tourismusberatung Kohl & Partner. „Die Nische ist durchaus wirtschaftlich interessant, wenn man nicht versucht, die Leute dogmatisch zu erziehen, sondern wenn es gelingt, eine ganzheitliche Verantwortung zu kommunizieren.“ Nachsatz: „Heute kommt ohnehin kein Betrieb darum herum, gewissen ökologischen Kriterien zu entsprechen. Basisverantwortung ist ein Muss.“ Wann genau darf sich ein Haus als grünes oder – wie es immer öfter üblich ist – „blue“ Hotel bezeichnen? Für Christian Walter, Managing Consultant bei PKF Hotelexperts, müssen zwei Kriterien gegeben sein: Zum einen müsse das Gebäude selbst und die Haustechnik ökologischen Kriterien entsprechen. Das Gleiche gelte für den laufenden Betrieb – etwa für die Gastronomie oder die Art, wie die Zimmer gereinigt werden. Zu einem ganzheitlichen Ansatz gehört auch ein verantwortungsvoller und fairer Umgang mit den Angestellten. „Sich nur einen Aspekt auszusuchen und darauf zu fokussieren, geht nicht“, klärt er auf.

Als Beispiel für ein Ökohotel kann das Hotel Stadthalle in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus genannt werden. Der vor einigen Jahren fertiggestellte Zubau kann sich einer Null-Energie-Bilanz rühmen. Konkret wird mittels Grundwasserwärmepumpe, Fotovoltaik- und Solaranlage so viel Energie erzeugt, wie verbraucht wird. Weiters wird für die Bewässerung des Gartens und die Toilettenspülung Regenwasser gesammelt. In ganz Österreich gibt es mittlerweile ähnliche – meist kleinere – Betriebe, wie das Biolandhaus Arche in St. Oswald oder das Viersternehotel Forsthofalm in Leogang.

Wie bei vielen Produkten und Dienstleistungen, die sich mit dem Prädikat „Öko“ schmücken, halten auch nicht alle vermeintlich „grünen“ oder „blue“ Hotels, was sie versprechen. Ein erster Anhaltspunkt für Urlauber, um sichergehen zu können, dass kein „Greenwashing“ betrieben wird, sind diverse Labels oder Zertifizierungen. „Aus reinen PR-Gründen kriegt keiner ein Label“, so Kohl.

Für Walter haben Zertifizierungen allerdings das gleiche Problem wie Hotelklassifizierungen. „Es gibt sehr viele verschiedene Zertifizierungen, eine einheitliche Lösung fehlt aber.“ Für den Experten spielen vor allem die Zertifikate von Green Globe und ÖGNI eine Rolle.

Zusatzkosten kompensieren

Tourismusfachmann Kohl weist darauf hin, dass mit der Umstellung auf einen ganzheitlich ökologischen Betrieb Zusatzkosten anfallen, die allerdings über höhere Preise und eine gute Auslastung wieder kompensiert werden – eine Preisdiskussion sei in dieser Nische nämlich nicht zu erwarten. „Die Nachfrage ist größer als das Angebot und den Kunden ist es wert, dafür mehr zu bezahlen“, meint er. Wenn das Angebot an Öko-Hotels steigt, könnten die derzeitigen Preise allerdings nicht mehr verlangt werden, so Reindl. „Die notwendigen Investitionen können dann nicht mehr aus den laufenden Einnahmen finanziert werden.“ Dementsprechend gefragt wären stärkere Inputs, um die technischen Geräte wirtschaftlich effizienter zu machen.

Laut Walter wird in Branchenkreisen über verschiedene Ansätze diskutiert, allerdings bestehe auch viel Unsicherheit „wohin die Reise letztlich geht“. „Noch katapultiert man sich allerdings nicht aus der Konkurrenz raus, wenn man sich dem Thema nicht öffnet“, sagt er. Kohl meint, dass sich das bald ändern könnte. „Über kurz oder lang wird es sich kein renommiertes Hotel leisten können, keine Aussage zum Thema Ökologie zu treffen“, so Kohl. Denn: „Die Leute erwarten das.“
www.greenglobe.com
www.ogni.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2011)

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