Der koptische Papst

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Schenuda III. ist seit vier Jahrzehnten Oberhaupt der Kopten. Er galt stets als eng verbandelt mit Exherrscher Mubarak.

Sein offizieller Titel ist mehr als beeindruckend: „Papst von Alexandrien und Patriarch des Stuhles des Heiligen Markus“. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Schenuda III., gilt den Kopten als der 116. Nachfolger des Evangelisten Markus.

Seit dem Jahr 1971 ist der im oberägyptischen Ort Abnoub als Anba Schenuda al-Suriani Geborene das Oberhaupt der koptischen Christen mit Sitz in Kairo. Nach seinem Studium der Theologie, Geschichte und Archäologie trat Schenuda 1954 ins Kloster ein. Ein Jahr später wurde er zum Privatsekretär des damaligen Oberhaupts Kyrillos VI. ernannt und nach dessen Tod durch Loszug zum Patriarchen gewählt.

Schenuda befand sich stets in einem Naheverhältnis zum Regime des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Dieser hatte ihn 1985 per Dekret wieder in sein Amt eingesetzt, nachdem ihn dessen Vorgänger Sadat abgesetzt hatte. An hohen Feiertagen nahm Schenuda die Glückwünsche der ägyptischen Staatsführung entgegen. Im Jahr 2005 befürwortete er die Wiederwahl Mubaraks mit dem Argument, man sehe in ihm ein „Beispiel der Toleranz“. Für das Oberhaupt der etwa acht Millionen ägyptischen Kopten war der berechenbare Mubarak im Vergleich zu den radikaleren Muslimbrüdern stets das kleinere Übel.

Dem 88-jährigen Schenuda, dessen Regierungsstil manche als autoritär bezeichnen, stehen nun schwierige Zeiten bevor: Seit dem Sturz Mubaraks sind mehr als 100.000 Kopten aus Ägypten ausgewandert, die meisten davon in die Vereinigten Staaten und Australien. som

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2011)

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