Im neuen Heim der Wiener Bestattung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Vis-à-vis vom Zentralfriedhof entsteht die neue Konzernzentrale der Bestattung und Friedhöfe Wien. Anfang 2012 siedeln rund 150 Mitarbeiter hierher. Ein Lokalaugenschein.

Wien. „Die traditionelle Pressekonferenz zu Allerheiligen, die gibt es heuer nicht“, sagt Florian Keusch. Denn derzeit, so der Sprecher der Bestattung und Friedhöfe Wien, liege die gesamte Konzentration auf einem anderen Projekt – dem Umzug in die neue Konzernzentrale. Im Februar 2012 sollen rund 150 Mitarbeiter das Gebäude vis-à-vis vom Haupteingang des Zentralfriedhofs beziehen.

In Ansätzen kann man sich schon vorstellen, wie sich das Unternehmen künftig präsentieren wird – unter einem Vordach des rechteckigen Gebäudes mit weißer Fassade mit Glas- und Sichtschlitzen betritt man den Kundenbereich. Noch sind nur weiße Wände und Böden zu sehen, doch schon bald sollen hier alle Dienstleistungen des Unternehmens verfügbar sein – als One-Stop-Shop für Angehörige nach einem Trauerfall.

Diskretionszonen für Trauernde

Hell und freundlich soll der Kundenbereich wirken – weil der Anlass ohnehin traurig genug ist. Neben großflächigen Fenstern sorgen auch Lichtschlitze in der Decke für Helligkeit. Und, erklärt Philip Beckmann, Projektleiter des Architekturbüros Delugan Meissl, neben der großen und offen gestalteten Kundenzone gibt es auch Diskretionsbereiche – Büros an der Seite, in denen Beratungsgespräche stattfinden sollen.

Der Umzug ist bauliche Konsequenz einer Neuorganisation des städtischen Wiener Bestattungswesens. 2008 war die MA43 (Wiener Friedhöfe) aus der Wiener Stadtverwaltung ausgegliedert und der Bestattung Wien untergeordnet worden. Eine kartellrechtlich betrachtet unglückliche Kombination, schließlich war damit die Trennung zwischen Infrastruktur (Friedhöfe) und Wettbewerb (Bestattung) nicht mehr gegeben.

Deshalb wurde 2010 mit der „B&F Wien“ eine Holding mit Bestattung und Friedhöfen als Töchter geschaffen. Nun werden alle Unternehmensteile zusammengeführt. Muss man derzeit Trauerfälle in der Goldeggasse in Wieden abwickeln, Grabverlängerungen dagegen in der Werdertorgasse in der Inneren Stadt, läuft künftig alles in Simmering zusammen. Auch die – zum Unternehmen gehörenden – Steinmetze und Gärtner sind gleich vor Ort. Vor der Zentrale werden zu Demonstrationszwecken eigens Schaugräber angelegt.

Gemeinsam mit den Mitarbeitern auf dem Zentralfriedhof und in der Feuerhalle sind so rund 500 Mitarbeiter auf dem wichtigsten Standort gebündelt – schließlich findet hier ein Drittel aller Bestattungen in Wien statt.

Spektakuläres im Inneren der neuen Zentrale mit einer Gesamtfläche von 5800 msucht man allerdings vergeblich. Das Gebäude bietet neben dem Kundencenter und einem Schauraum für Särge und Urnen lediglich Raum für Geschäftsführung und Verwaltung der einzelnen Unternehmensteile. Das operative Geschäft, also Aufbahrungen, Kremationen oder Bestattungen, findet weiter gegenüber auf dem Friedhof bzw. in der Feuerhalle statt. Lediglich um ein Detail gab es Aufregung – dass nämlich die Beheizung des Gebäudes über das Krematorium erfolgt.

„Aber“, sagt Helmut Meixner, Projektleiter für den Umzug, „wir heizen nicht mit Leichen, wie das oft falsch verstanden wurde.“ Der Ofen laufe ständig, die Abwärme müsse gekühlt werden, weil sie sonst die Filteranlagen zerstören würde. Die dabei abgezogene Wärme fließe dann in den Heizungskreislauf. Das spare Stromkosten und schone die Umwelt. Und stehe in keinem Zusammenhang mit der Kremation Verstorbener.

2,5 Kilometer Akten übersiedeln

Abgesehen von Missverständnissen rund um die Beheizung ist das Projekt Umzug aber vor allem logistisch eine Herausforderung. Innerhalb eines Wochenendes muss das gesamte Unternehmen übersiedeln. „Und das bei laufendem Betrieb, schließlich soll kein Kunde unter dem Umzug leiden müssen“, sagt Meixner. Dazu gehören Formalakte wie neue Drucksorten, Adressänderungen bei Verträgen und dergleichen.

Das genaue Datum für den Umzug steht noch nicht fest. Aber: „Wir werden das natürlich rechtzeitig kommunizieren“, sagt Meixner, „damit dann nach dem Umzug niemand in der Goldeggasse vor verschlossenen Türen steht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2011)

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