Fehlspekulation: Bawag will 418 Millionen Euro von Linz

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Linz geht in die Offensive und reicht Klage gegen die Bawag ein. Politiker der schwer verschuldeten Stadt halten die Franken-Wette für „rechtsunwirksam“. Für Linz geht es um Steuergelder von knapp 418 Mio. Euro.

Linz. Am gestrigen Mittwoch um acht Uhr zehn übermittelten Rechtsanwälte der Stadt Linz dem Handelsgericht Wien die mit Spannung erwartete Klagsschrift in der Causa Linz gegen Bawag/P. S. K. Damit ist der Startschuss für eine rechtliche Auseinandersetzung gefallen, die voraussichtlich durch alle Instanzen gehen und ein höchstgerichtliches Urteil für den Umgang von Banken mit kommunalen Spekulationsgeschäften nach sich ziehen wird.
Für Linz geht es um Steuergelder in der Höhe von knapp 418 Mio. Euro. Das ist die Summe der Ausgleichsforderungen, die die Bawag nach der vom Gemeinderat im Oktober beschlossenen Kündigung des verlustreichen Franken-Spekulationsgeschäfts („Swap 4175“) zur Zahlung fällig stellt. Linz ist unklar, wie die Bawag auf die 418 Mio. Euro kommt. Denn das Institut konnte bislang keine Abrechnung vorlegen, betont Meinhard Lukas, Zivilrechtsexperte und Berater der Stadt in Sachen Swap.

Verlust frisst Stadtbudget auf

Immerhin lag der von der Bawag bezifferte Marktwert des Swaps Ende September bei rund 345 Mio. Euro – und das bei einem schlechteren Franken-Kurs als Ende Oktober, dem Zeitpunkt, als der Vertrag gekündigt wurde und die Schließungskosten berechnet worden sein dürften. Sollte die Abrechnung zeigen, dass die September-Bewertung der Bank zu niedrig angesetzt war oder die neue zu hoch, wäre dies „ein weiteres Argument einer Pflichtverletzung durch die Bawag“, sagt Lukas. Die Bawag hat die Vorlage der Abrechnung bereits in Aussicht gestellt.
Mit der Klage geht Linz nun in die Offensive. Den Streitwert legt sie mit rund 30,6 Mio. Franken (etwa 25,2 Mio. Euro) fest. Dabei geht es, im Gegensatz zum Gesamtwert des ursprünglich bis 2017 vereinbarten Franken-Deals, nur um dessen leistungsmäßigen Saldo – also die bisher geleisteten Zahlungen abzüglich der Leistungen, die von der Bawag erbracht wurden. Damit hält Linz die Gerichtskosten (1,2 Prozent des Streitwerts) mit rund 300.000 Euro gering. Denn die finanziellen Spielräume der einst reichen Industriestadt sind begrenzt. Auf eine Mrd. Euro ist das Minus durch kreditfinanzierte Investitionen und sinkende Bundesertragsanteile angewachsen. Im vergangenen Jahr fehlten 35,8 Mio. Euro in der laufenden Gebarung, im neuen Jahr werden es voraussichtlich 50 Mio. sein.
Rücklagen werden nun sukzessive aufgelöst und Investitionen empfindlich zurückgeschraubt. Im schlimmsten Fall könnte der drohende Verlust aus dem Swap (sollten die Schadenersatzforderungen der Bawag schlagend werden) bis zu zwei Drittel eines Jahresbudgets betragen.
Viel hängt nun für Linz vom Ausgang des Verfahrens ab. Die erste Tagsatzung wird für Jänner erwartet, ein definitives Ergebnis nicht vor 2015.
An der Argumentationslinie hat sich bis dato nichts geändert. Ebensowenig am Ziel: Das Geschäft soll als rechtsunwirksam erklärt werden. Sollte das Gericht dieser Auffassung nicht folgen, werde das Geschäft angefochten, jedenfalls aber wegen „Beteiligung an deliktischem Verhalten und sittenwidriger Schädigung“ Schadensersatz gefordert.

„Alle Grenzen überschritten“

Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ): „Alle gesetzlichen Grenzen, die es einzuhalten gilt, wenn man mit einer Gemeinde Geschäfte abschließt, wurden überschritten.“
Im Kern stützen sich die Anwälte von Linz auf folgende Argumentation: Das Geschäft sei unwirksam, weil es gegen die kommunalrechtlichen Organisationsvorschriften verstößt. Im Detail geht es darum, dass kein Gemeinderatsbeschluss vorlag, die Gemeindeaufsichtsbehörde das Geschäft nicht genehmigt hatte und es für die Bawag evident gewesen sein müsse, dass Finanzdirektor Werner Penn das Geschäft nie hätte abschließen dürfen. Dazu kommt der Vorwurf des Wuchers.
Die Bawag bestreitet das alles: Linz habe das Risiko gesucht und Ausstiegsangebote, die laufend unterbreitet wurden, abgelehnt.

Die Vorgeschichte

2007 hat Linz zur Absicherung einer auslaufenden Kreditlinie über 195 Mio. Schweizer Franken (damaliger Kurs: 152 Mio. Euro) eine Kurswette mit der Bawag abgeschlossen. Durch den starken Franken ist der Wert dieses Swaps inzwischen auf mehrere hundert Millionen Euro – zusätzlich zur Kreditschuld – angewachsen.

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