Fritz Neugebauers einsamer Kampf

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Während die Steiermark eine Nulllohnrunde beschließt, bleibt die Beamtengewerkschaft hart. Politisch wird Neugebauer langsam die Gefolgschaft verweigert – auch in seiner ÖVP.

Wien. Die Nachricht, die Beamtengewerkschafts-Chef Fritz Neugebauer am Mittwoch aus der Steiermark vernahm, dürfte ihm nicht eben Freude bereitet haben: Nach den Landesbeamten verordnete die steirische Regierung auch den Gemeindebediensteten eine Nulllohnrunde für 2012. So werden die Gehälter von insgesamt 40.000 Beschäftigten in Gemeinden, Spitälern und beim Land eingefroren.

Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und sein Stellvertreter, Hermann Schützenhöfer (ÖVP), nannten diese Maßnahme einen „wichtigen Beitrag“ zur Haushaltskonsoldierung. Das Land spare 50 Millionen Euro – was es auch dringend nötig habe. Und der Bund, sagte Schützenhöfer, würde gut daran tun, „auch im inneren Bereich diese Bereitschaft zu zeigen, um es der großen Mehrheit der übrigen Steuerzahler leichter zu machen, ein Solidaropfer zu bringen“.

Doch die Beamtengewerkschaft denkt nicht daran, Bescheidenheit walten zu lassen – auch nicht in Zeiten, in denen Sparpakete und Schuldenbremsen zur Notwendigkeit erklärt werden. Das „letzte Angebot“ von Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), eine Lohnerhöhung um 2,5 Prozent, schlugen Neugebauer und seine Mitstreiter aus: Sie hätten ihre Forderung ohnehin von 4,65 auf 3,9 Prozent revidiert. Die Drohungen reichen bis hin zu Streiks.

Privilegierte Staatsdiener

Argumente, warum es den Beamten gut anstehen würde, einen Beitrag zum staatlichen Sparkurs zu leisten, schlägt die Gewerkschaft in den Wind. Dabei gilt das alte Sprichwort, wonach ein Staatsdiener zwar weniger verdiene, das aber garantiert, schon länger nicht mehr. Das durchschnittliche Jahresgehalt der Beamten lag im Vorjahr mit 51.228 Euro brutto weit über jenem der Angestellten (34.146) und Arbeiter (18.318).

Im „Einkommensbericht 2010“ belegt der Rechnungshof außerdem, dass sich im vorigen Jahrzehnt keine andere Berufsgruppe ähnlich starker Lohnabschlüsse erfreute wie die de facto unkündbaren Staatsdiener: Während die Gehälter der ASVG-Bediensteten zwischen 1999 und 2009 um 3,5 Prozent stiegen, schnellten die der Beamten um 26 Prozent in die Höhe.

Privilegien genießt der öffentliche Dienst auch bei den Pensionen: Während der Ruhebezug von Arbeitern und Angestellten derzeit aus den 23 besten Verdienstjahren berechnet wird, liegt der Durchrechnungszeitraum für Beamte bei neun Jahren und zwei Monaten.

Das ist einer der Gründe, warum Staatsdiener mit gut 2600 Euro monatlich mehr Rente beziehen als der Durchschnitts-Österreicher mit kaum 1000 Euro. (Ein anderer ist der höhere Akademikeranteil.) Hinzu kommt, dass für Beamte in Frühpension keine Ruhensbestimmungen gelten: Sie dürfen, anders als die ASVG-Versicherten, dazuverdienen, so viel sie wollen.

Politisch wird Neugebauer langsam die Gefolgschaft verweigert – auch in seiner ÖVP: Aus der Steiermark nehme er „bemerkenswerte Erneuerungssignale“ wahr, sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zur „Presse“. Er hoffe, dass dies auch auf Bundesebene möglich werde. Ähnlich argumentierte ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf schon im ORF: Die Forderungen nach 3,9 oder sogar 4,65 Prozent seien nicht akzeptabel. „Ich denke, dass die Beamtenministerin einen maßvollen Vorschlag gemacht hat mit 2,5 Prozent, der eigentlich schon unsere Möglichkeiten im Budget überfordert.“

Doch Neugebauer hält unbeirrt an seinem Kurs fest: Die Schuldenbremse dürfe keine Auswirkungen auf die Gehaltsabschlüsse haben, sagte er. „Wir verhandeln für 2012 und richten uns dabei nach den Inflationsdaten.“ Eine Nulllohnrunde für den öffentlichen Dienst wäre auch „volkswirtschaftlich unklug“. Wer habe sich denn jemals an der Steiermark orientiert? „Irgendwelche Erzherzöge vielleicht, früher.“

Dabei folgt die Steiermark einem europäischen Trend: Vor allem in den Krisenländen sind Nulllohnrunden im Staatsdienst beliebt. Nach einer fünfprozentigen Kürzung im Vorjahr müssen die spanischen Beamten bis 2014 auf die nächste Lohnerhöhung warten. Die Gehälter der italienischen, portugiesischen und französischen Kollegen sind bis 2013 eingefroren.

Nulllohnrunden in der EU beliebt

Die britische Regierung diskutiert derzeit unter großen Protesten ähnliche Einschnitte (siehe Bericht auf Seite17). Noch schlimmer trifft es die Staatsdiener im schuldengebeutelten Griechenland, wo Lohnkürzungen bis zu 40Prozent anstehen. Allerdings halten sich auch Staaten, die weit weniger von der Finanzkrise betroffen sind, zurück: Die Beamten in Tschechien und Dänemark mussten sich mit einem Plus zwischen 1,2 und 1,7 Prozent zufriedengeben. In Schweden wurden es immerhin 2,5 Prozent.

Auf einen Blick

Die steirische Landesregierung verordnete am Mittwoch nach den Landes- auch den Gemeindebediensteten eine Nulllohnrunde für 2012. Im Bund bleibt die Gewerkschaft bei ihrer Forderung nach einer Lohnerhöhung um 3,9 Prozent, wie Fritz Neugebauer im Chat auf diepresse.com erklärte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2011)

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