SPÖ: Uni-Steuer statt Studiengebühr

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Die roten Landesorganisationen machen Druck für eine parteiinterne Debatte über die Rückkehr der Studiengebühren. Auch die Bundes-SPÖ ist bereit zu diskutieren, wie man die Absolventen zur Kasse bitten kann.

Wien/Red. Die „schweigende Mehrheit“ in der Sozialdemokratie findet langsam ihre Stimme: In der heiklen innerparteilichen Debatte über die Rückkehr der Studiengebühren zeigen sich immer mehr SPÖ-Vertreter gesprächsbereit. Seit Kanzler Werner Faymann am Sonntag erklärte, die Wiedereinführung einer Art Studiengebühr zumindest „diskutieren“ zu wollen, signalisieren immer mehr rote Landesorganisationen ihre Zustimmung zu einem Kurswechsel.

Nach Salzburgs Landeschefin Gabi Burgstaller, die die Debatte in der Vorwoche (erneut) losgetreten hat, spricht sich nun auch die niederösterreichische SPÖ für ein Gebührenmodell aus: Die Partei müsse sich dieser Diskussion stellen, so Landesparteichef Sepp Leitner am Montag. Er könne sich eine Art „Uni-Steuer“ vorstellen, die alle Uni- und FH-Absolventen zahlen. Wie hoch die Gebühr sein soll, will er nicht sagen, aber: Es müsse sich schon um „sichtbare Beträge“ handeln. Und: Auch Studienabbrecher sollen zur Kasse gebeten werden. Ausländische Studierende – so der Vorschlag – sollen sofort zahlen.

SPÖ Vorarlberg für „Uni-Fonds“

Die Niederösterreicher lehnen sich an jenem Modell an, mit dem ihre Kärntner Parteikollegen bereits am Wochenende für Auseinandersetzungen sorgten. Sie fordern einen „Akademikerzwanziger“, den jeder Uni-Absolvent (sobald er eine bestimmte Einkommensgrenze überschreitet) monatlich abliefern soll. Auch in Vorarlberg kann man dem einiges abgewinnen: Wer „auf Kosten der Allgemeinheit eine gute Ausbildung genossen hat und gut verdient“, könne sehr wohl einen Beitrag in einen „Uni-Fonds“ einzahlen, sagt SPÖ-Landeschef Michael Ritsch zur „Presse“.

In Tirol sieht man das ähnlich: „Es wäre falsch, nicht darüber zu diskutieren“, so SPÖ-Landesvorsitzender Hannes Gschwentner. Man wolle sich nicht vorwerfen lassen, „entscheidende Entwicklungen im Bildungsbereich“ durch die „eigene Ideologie“ zu verhindern.

Der steirische SPÖ-Chef, Franz Voves, hat sich bereits vor Monaten für einen Abtausch von Gebühren und Gesamtschule ausgesprochen, auch Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, signalisierte immer wieder Zustimmung, solange ein Studium „nicht zum Privileg einiger weniger verkommt“. Wirklich mit der Parteilinie brechen will freilich (noch) niemand: Es gelte der aktuelle Parteitagsbeschluss (gegen die Gebühren), so die gemeinsame Sprachregelung in den roten Ministerien. Und doch zeichnet sich Bewegung ab: Über Ideen wie jene aus Kärnten könne man diskutieren, heißt es etwa aus dem Büro von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Und weiter: Der Beschluss der SPÖ zu den Studiengebühren könne „beim nächsten Parteitag auch anders ausfallen“.

Auch von Unterrichtsministerin Claudia Schmied, die in dieser Frage bisher auf Konfrontation mit Uni-Minister und Gebühren-Befürworter Karlheinz Töchterle (ÖVP) war, kommen am Montag überraschend versöhnliche Töne: Die Diskussion über Studiengebühren sei „kein Drama“, heißt es auf „Presse“-Anfrage. Man müsse sich nun die Ideen „im Konkreten ansehen“. Das dürfte auch bereits der Fall sein. Dem Vernehmen nach steht die Kärntner SPÖ in Kontakt mit Staatssekretär Josef Ostermayer, der dem „Akademikerzwanziger“ einiges abgewinnen könne. Das Staatssekretariat bestätigt laufende Gespräche – das neue Gebührenmodell sei aber kein Thema.

Deutlichere Worte finden freilich ehemalige rote Amtsträger: Neben Hannes Androsch, der immer wieder Sympathie für Studiengebühren bekundete, kann sich auch der Ex-SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal „aufgrund der äußeren Umstände“ für eine Wiedereinführung erwärmen. Als aktiver Politiker war er noch gegen Gebühren, in Zeiten der Finanzkrise und allgemeiner Sparbestrebungen sehe er die Sache anders: Da sich weder ÖVP noch SPÖ für ein höheres Uni-Budget einsetzen würden, seien die Gebühren – Broukal befürwortet das australische Modell – derzeit „die zweitbeste Lösung, bevor man junge Leute von der Uni vertreibt“.

Rektoren wollen 17 Millionen Euro

Weite Teile der Bevölkerung dürfte er damit jedenfalls hinter sich haben, das zeigt eine Umfrage des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung. Demnach sprechen sich 77 Prozent der Österreicher für Studiengebühren aus; für 48 Prozent davon müssen diese jedoch an eine „soziale Staffelung“ gekoppelt sein (Details siehe Grafik). Die Zustimmung zu den Gebühren ist damit im Vergleich zu 2009 gestiegen, damals befürworteten sie 53 Prozent.

Erfreut über die Debatte zeigte sich am Montag auch Uni-Minister Töchterle: Er sei hinsichtlich eines Kreditmodells gesprächsbereit. Die Rektoren hoffen auf eine Einigung – und fordern eine Finanzspritze für das Sommersemester. Da sie ab dann keine Gebühren mehr einheben dürfen, würden sie 17 Millionen Euro verlieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2011)

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