Der ungarische Bankenverband beziffert die Mindestkosten aus dem Fremdwährungsgesetz mit 952 Mio. Euro. Allerdings könnten noch 1,5 Mrd. Euro hinzukommen. Auch die Gemeinden fordern jetzt einen Schuldenerlass.
Wien. Der ungarische Bankenverband hat am Dienstag Details über die Umwandlung der Fremdwährungskredite präsentiert. Der Vizepräsident des Verbands, Daniel Gyuris, bezifferte die Verluste mit mindestens 300 Milliarden Forint (952 Mio. Euro). Seinen Schätzungen zufolge haben bis Jahresende rund 20 Prozent der Franken-Kreditnehmer das Angebot angenommen und ihre Darlehen zu einem günstigen Kurs in Euro umgewandelt. Die Banken waren zu diesem Schritt von der Regierung gezwungen worden.
Allerdings haben sich die Finanzkonzerne Mitte Dezember mit dem ungarischen Staat auf eine Lösung geeinigt. Demnach können auch Kunden, die bisher keine Rückzahlungsprobleme hatten, ihre Darlehen umwandeln. Daraus könnten sich laut Gyuris für die nächsten Jahre zusätzliche Kosten von 500 Milliarden Forint (1,58 Mrd. Euro) ergeben. Dieses Programm umfasst nur Privatpersonen. Mittlerweile fordern aber auch ungarische Gemeinden und Länder einen Schuldenerlass.
In der Vorwoche haben mehrere Kommunen deswegen ihre Hausbanken angeschrieben. Gyuris sagte, hier müsse jedes Institut eine individuelle Lösung finden. Angaben der Finanzaufsicht zufolge haben sich Ungarns Gemeinden mit umgerechnet 1,5 Mrd. Euro in Schweizer Franken verschuldet. Weil im Zuge der Finanzkrise der Franken stark gestiegen ist, drohen Rückzahlungsprobleme.
Budapester Medienberichten zufolge fordern die Gemeinden, dass ihnen ein Drittel der Schulden gestrichen wird. Geben die Institute hier nach, und rechnet man alle Belastungen zusammen, ergeben sich für den ungarischen Finanzsektor Kosten von bis zu drei Mrd. Euro. Im Gegenzug will die Regierung die Steuern für die Banken reduzieren. In keinem anderen osteuropäischen Land wurden so viele Fremdwährungskredite vergeben wie in Ungarn.
Ungarn als größter Problemfall
Raiffeisen-Bank-International-Chef Herbert Stepic bezeichnet nicht Griechenland, sondern Ungarn als größten Problemfall für Österreichs Banken.
Die heimischen Finanzkonzerne wie Erste Bank, Bank Austria und Raiffeisen wollten die Schätzungen des ungarischen Bankenverbands nicht kommentieren. „Wir sind derzeit noch nicht in der Lage, die genauen Kosten zu beziffern“, erklärte eine Sprecherin der Raiffeisen Bank International. Österreichs Institute kommen in Ungarn auf einen Marktanteil von rund 20 Prozent. Gemessen an der Bilanzsumme ist die staatliche Sparkasse OTP mit 19 Prozent Marktführer, auf Platz zwei liegt die Erste Bank mit neun Prozent. Dahinter folgen Raiffeisen (sieben Prozent) und Bank Austria (fünf Prozent).
Raiffeisen führte in der Vorwoche bei ihrer Ungarn-Tochter eine Kapitalerhöhung von 350 Mio. Euro durch. Damit soll unter anderem der prognostizierte Vorjahresverlust von 320 Mio. Euro abgedeckt werden. Die Ungarn-Tochter der Erste Bank ist in den ersten drei Quartalen 2011 mit 531,7 Mio. Euro ebenfalls tief in die roten Zahlen gerutscht.