Die im Aufbau befindliche europäische Ratingagentur hat Bedenken gegen eine starke Regulierung von Bonitätsprüfern durch die EU. Die Agentur auf Stiftungsbasis wird von der Unternehmensberatung Roland Berger geplant.
Die Beratungsgesellschaft Roland Berger treibt ihre Pläne für eine europäische Ratingagentur weiter voran. In Kürze sollen Investorenverträge für das 300-Millionen-Euro-Projekt geschlossen werden. "Wir gehen davon aus, dass wir Ende des zweiten, spätestens Anfang des dritten Quartals dieses Thema soweit beenden werden, dass wir mit dem Aufbau der Infrastruktur anfangen können", sagte Markus Krall, Partner in dem Beratungsunternehmen. "Mit viel Glück" werde die Agentur Anfang 2013 ihre ersten Ratings erstellen.
Die neue Agentur solle als Stiftung organisiert werden. Ein besonderes Augenmerk soll sie laut Krall auf die Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidungen legen. Demnach sollen die Rating-Prozesse öffentlich dargestellt werden. "Die Ratings sollen eine zusätzliche Meinung in den Markt bringen, die sich dadurch auszeichnet, dass sie stärker nachvollziehbar und transparenter ist und nach Möglichkeit auch kostengünstiger", sagte Krall.
Bedenken gegen Regulierung
Das Roland-Berger-Projekt ist eine von mehreren Initiativen zum Aufbau einer europäischen Ratingagentur. Dem Modell der Beratungsgesellschaft werden derzeit allgemein die größten Realisierungschancen eingeräumt.
Gegen die EU-Pläne zur Regulierung der Bonitätsprüfer meldet die Unternehmensberatung Roland Berger nun bedenken an. "Wir haben erhebliche Differenzen zu einzelnen Teilbereichen dessen, was von der EU vorgeschlagen wurde", sagte Krall . Kritisch sehe er vor allem das geplante Rotationsprinzip sowie das Vorhaben, der Wertpapieraufsicht EMSA stärkeren Einfluss auf die Bewertungsmethoden der Ratingagenturen zu geben.
"Monopol zementiert"
Die Rotationspläne sehen vor, dass eine Agentur maximal drei Jahre am Stück die Papiere eines Unternehmens oder eines Staates prüfen darf. "In einem sehr engen Markt, in dem drei Teilnehmer 96 Prozent Weltmarktanteil haben, würde eine Rotation quasi dazu führen, dass das Monopol nur zementiert wird", gab Krall zu bedenken. "Wir glauben nicht, dass man damit nachhaltig die Anreize richtig setzt für höhere Qualität und ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis."
Auch die Pläne, der Aufsichtsbehörde ESMA mehr Einfluss auf die Berechnungsmethoden der Bonitätsprüfer zu geben, lehnt Krall ab: "Wir glauben nicht, dass es so sein sollte, dass ein Regulator in der Lage ist, die Methodik als Richter oder als Schiedsrichter zu bewerten", sagte er. Ein so strenges Vorgehen würde "enorme Ressourcen" bei der Aufsichtsbehörde binden und berge außerdem die Gefahr, "dass es zu einer Vereinheitlichung der Methodik kommt".
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hatte Ende vergangenen Jahres ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem er die Macht der etablierten Ratingagenturen brechen und für mehr Transparenz und Wettbewerb in der Branche sorgen will. Bisher beherrschen mit den US-Unternehmen Standard & Poor's, Moody's und Fitch drei Agenturen den weltweiten Markt.
(APA)