Nicht Grasser selbst soll 500.000 Euro von seiner Schwiegermutter bei der Meinl Bank eingezahlt haben – sondern sein Schweizer Treuhänder. Der Ex-Finanzminister dementiert die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.
Neue Details zu mehreren Korruptionsverdachtsfällen rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zitiert das Magazin "Falter" in seiner neuen Ausgabe, diesmal unter Berufung auf rund um den parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschuss zugespielte Grasser-Akten. Demnach bestehen zwischen dem Schwiegermutter-Investment des Ex-Ministers und der jüngsten Aktendiebstahlsaffäre in Liechtenstein direkte Zusammenhänge. Nicht Grasser selbst soll das angeblich von seiner Schwiegermutter stammende Geld bei der Meinl Bank eingezahlt haben, obwohl er das stets behauptet hat. Laut den neuen Akten soll den Großteil der 500.000 Euro derselbe Schweizer Treuhänder eingezahlt haben, dessen von der Liechtensteiner Justiz beschlagnahmte Akten sein Anwalt entwendete. (mehr dazu ...)
Die Staatsanwaltschaft vermutet nun, dass jene 500.000 Euro, die Grasser bei Meinl eingezahlt hat, gar nicht von seiner (sich der Aussage entschlagenden) Schwiegermutter stammen, sondern Bestechungsgeld sein könnten.
Gegenüber der Staatsanwaltschaft soll Grasser laut "Falter" dazu gemeint haben, er bleibe bei seiner Aussage. Ursprünglich hat Grasser angegeben, er habe das Geld in der Meinl Bank in Wien einem Mitarbeiter nach Kassaschluss in bar übergeben. Vielleicht habe sich der Treuhänder das Geld geholt und bei der Kassa eingezahlt - "Ich war ja nicht dabei", meinte Grasser, konfrontiert mit dem Einzahlungsbeleg.
"Das letzte Puzzlestückchen"
Der Treuhänder - auch bei Meinl European Land tätig gewesen - vermittelte Grasser die Schweizer Ferint AG, über die das 500.000 Euro-Investment in einen Genussschein der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank floss. Das lukrative Investment wurde von Tilo Berlin eingefädelt.
Grasser selber, damals noch aktiver Finanzminister, betont immer wieder, dass nicht sein eigenes Geld, sondern das Geld seiner Schwiegermutter in die Bank floss. Er habe das Geld in bar von seiner Schwiegermutter in der Schweiz übernommen, über die Grenze nach Österreich geschafft und in bar bei der Meinl Bank in Wien eingezahlt. Dass laut Beleg aber der Treuhänder die Einzahlung tätigte, könnte laut "Falter" nun "das letzte Puzzlestückchen" in einem "gigantischen Indizienpuzzle" der Justiz gegen Grasser sein.
Millionenvermögen wird durchleuchtet
Im Zuge der Ermittlungen wird das in Liechtenstein geparkte Millionenvermögen des Ex-Ministers durchleuchtet. KHG sei "Alleinbegünstigter zweier Stiftungen in Liechtenstein (Waterland und Silverland), die miteinander direkt und über durchwegs ebenfalls in Steueroasen angesiedelte juristische Personen in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
Die beiden Stiftungen beinhalten ein Vermögen von mindestens 9,28 Millionen Euro", zitiert der "Falter" aus einem Zwischenbericht des Finanzamts an die Staatsanwaltschaft Wien. Von diesem Betrag seien nur "maximal 4,38 Millionen Euro in Österreich versteuert worden" - was von Grasser dementiert wird: Er habe alles offengelegt, das Geld habe er bei Meinl verdient. Die Kriminalpolizei ermittelt hingegen zum Verdacht, dass Grasser an verbotenen Privatisierungsprovisionen mitgeschnitten habe. Laut "Falter" wurden mehr als 13 Millionen Euro rund um Privatisierungen in Steueroasen geschickt und an Grassers engste Freunde und Geschäftspartner überwiesen.
Bei Glücksspielgesetz ÖVP "überrumpelt?
Zum Verdacht auf verbotene Geschenkannahme durch Grasser rund um eine - letztlich gescheiterte - Aufweichung des Glücksspielmonopols berichtet der "Falter" ebenfalls neue Details: Demnach habe der ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll in einer Zeugenbefragung gesagt, der ÖVP-Parlamentsklub sei damals im Jahr 2006 im Nationalrat von Grassers Leuten förmlich "überrumpelt" worden. Grasser hingegen dementiert dies.
Für Beratungsleistungen soll Walter Meischberger, enger Freund von Grasser, damals vom Automatenkonzern Novomatic 465.000 Euro erhalten haben. Die Novomatic und die Telekom Austria hätten von einer Lockerung des Glücksspielgesetzes profitiert und hatten laut Berichten schon Pläne für ein gemeinsames Geschäft. Alle Genannten weisen Bestechungsvorwürfe zurück. Das Geld sei damals nicht direkt an Meischberger, sondern über die Firma Valora Solutions geflossen, an der neben den Lobbyisten Meischberger und Peter Hochegger auch Grasser beteiligt war, schreibt das Magazin. Laut Grassers Angaben hat er über die 2007 gegründete Firma nur ein paar Spesen und Taxirechnungen abgerechnet.
Die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Finanzminister wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Grasser, für den die Unschuldsvermutung gilt, wird verdächtigt, Provisionen beziehungsweise Einkünfte aus seiner früheren Tätigkeit bei Meinl International Power nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben. Damit soll er, so der Verdacht der Behörden, dem österreichischen Staat 2,6 Millionen Euro an Abgaben hinterzogen zu haben. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Der 42-jährige Kärntner verdient sich im Autohaus seiner Eltern während des Betriebswirtschaftsstudiums sein erstes Taschengeld. Der Eintritt in die Politik wurde ihm durch sein familiäres Umfeld, das der Freiheitlichen Partei zugetan war, schmackhaft gemacht. Michaela Bruckberger
Karl-Heinz Grasser wird von Jörg Haider in die Politik geholt. 1992 schließt Grasser enge Bekanntschaft mit Haider, zu dessen politischem Umkreis er fortan gezählt wird. Grasser wurde auch Haiders Buberlpartie um Gernot Rumpold, Peter Westenthaler und Walter Meischberger zugerechnet. Allen gemeinsam war, dass sie nicht aus dem Parteiapparat kamen und nur gegenüber Haider loyal waren. Eggenberger Gert
Die Politkarriere von Grasser geht flott voran. Nach seinem Start als Parlamentsmitarbeiter 1992 ist er schon in jungen Jahren im Parlamentsklub in Wien tätig. Nach zwei Jahren in der freiheitlichen Bundespolitik als FPÖ-Generalsekretär wechselt er im Jahr 1994 als 25-Jähriger in die Kärtner Landespolitik. Dort wird Grasser Landesrat für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr. Vier Jahre lang bekleidet er im südlichsten Bundesland auch die Funktion des zweiten Landeshauptmann-Stellvertreters. Gindk Barbara
Im Sommer 1998 kündigt Grasser nach kritischen Tönen gegenüber seinem politischen Ziehvater Haider überraschend seinen Rückzug aus der Politik an. Er wechselt in den Magna-Konzern des Austro-Kanadiers Frank Stronach, wo er die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt. Grasser gilt jedoch weiter als "Personalreserve" Haiders. Eggenberger Gert
Nach der Nationalratswahl 1999 wird Grasser im Jänner 2000 als FP-Finanzminster angelobt. Er kommt als Ersatz für den von Bundespräsident Klestil abgelehnten Prinzhorn auf die Ministerliste. Trotz seiner Jugend erklärt der selbstbewusste Kärntner erfahrenen Kollegen damals schon, wie die Welt zu funktionieren hat. JAEGER ROBERT
Nach dem außerordentlichen FPÖ-Parteitag 2002 in Knittelfeld legt Grasser gemeinsam mit Susanne Riess-Passer und Klubobmann Peter Westenthaler alle Funktionen nieder, wodurch aufgrund der Beendigung der ÖVP-/FPÖ-Koalition Neuwahlen auf Bundesebene die Folge sind. Hans Klaus Techt
Nach den Neuwahlen wird der stets elegant gekleidete Karl-Heinz Grasser 2003 im neuen Kabinett Schüssel als parteiloser Finanzminister angelobt. Danach wird er von den Medien als ÖVP-Minister bezeichnet, weil Grasser im Bundesvorstand der ÖVP tätig ist. ROLAND SCHLAGER
"Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget", mit diesen Worten lobte der junge Finanzminister seine eigene Performance. Einmalig wurde das Ziel 2002 durch eine Erhöhung der Steuern, Gebühren, Abgaben und Mauten sowie Reduzierung der Verwaltungskosten und Staatsausgaben erreicht. Der Verkauf und die Teilprivatisierung von Staatsunternehmen wie der Österreichischen Tabakwerke haben ebenfalls dazu beigetragen. Robert Jaeger
Das berühmteste der von Grasser kreierten Schlagworte ist das so genannte "Nulldefizit" (der ausgeglichene Staatshaushalt), das er als höchstes Ziel seiner Finanzpolitik definierte. Nach der großen Steuerreform 2005 ist freilich davon keine Rede mehr. Der Grasser-Ausspruch "Der Vergleich macht Sie sicher" ist auch ein ständiger Wegbegleiter in Grassers Reden. Sein Sitznachbar Staatssekretär Finz kennt seinen Chef.
Eine viel diskutierte Causa ist die so genannte „Homepage-Affäre“. 283.000 Euro ließ sich die Industriellenvereinigung eine KHG-Homepage kosten. Die Homepage selbst kann nur einen Bruchteil der Summe gekostet haben. Von den ihm untergebenen Finanzbeamten läßt sich Grasser – er hatte das Geld der IV nicht versteuert – einen Persilschein ausstellen. Roland Schlager
2004 deklariert Grasser seinen Weihnachtsurlaub auf den Malediven als „Hilfsaktion für die Tsunami-Opfer“. Helfer Grasser lässt sich von der AUA ein Gratis-Upgrade für seinen Malediven-Flug schenken.
Groß ist die Überraschung, als KHG sich im April 2004 im Kreise seiner engsten Freunde mit der damals 28-jährigen Natalia Corrales-Diez verlobt. Im Mai 2005 soll Hochzeit sein. Doch aus einer Fotostrecke des "News"-Magazins erfährt die Verlobte von einem hautengen Verhältnis mit Fiona Swarowski. Und prompt baut die Diplomatentochter Corrales-Diez mit einem geliehenen Porsche einen Unfall. MARKUS BERINGER
Nur wenige Monate danach heiratet KHG unter großem Blitzlichtgewitter die Millionenerbin Fiona Swarowski (amtlich Fiona Pacifico Griffini) aus dem gleichnamigen Kristall-Clan. Die Hochzeit findet in Weissenkirchen statt, der Finanzminister hat sich zwecks Hochzeit in der Wachau offiziell gemeldet. Seit 2005 gibt es dort das sogenannte "Grasser-Marterl". Herwig Prammer
Nach etwas mehr als sieben Jahren Regierungstätigkeit verabschiedet sich Karl-Heinz Grasser Anfang Jänner 2007 nach wochenlangen Spekulationen aus der Bundespolitik. Er selbst wollte nie Berufspolitiker werden, sagt er. Für die Zukunft gilt für ihn "Viel mehr privat, weniger Staat", sagt Grasser, der in weiterer Folge in die Privatwirtschaft wechseln will.
Von Julius Meinl V. läßt sich KHG als amtierender Finanzminister auf dessen Yacht einladen. Später soll sich seine Beziehung zu Meinl für den Ex-Finanzminister auch finanziell lohnen. Während Anleger durch die Finger schauen, kassiert Grasser bei Meinl International Power Millionen. Nachdem Freund Meinl 2009 in U-Haft kommt, verkauft Grasser seine Gesellschaftsanteile. Roland Schlager
Der 2004 erfolgte Verkauf der 58.000 Bundeswohnungen ist seit Jahren umstritten. Im September 2009 wird bekannt, dass der damalige Käufer Immofinanz den Grasser-Freunden und -Geschäftspartnern Meischberger und Hochegger 9,61 Millionen Euro Provision bezahlt hat. Grasser, in dessen Amtszeit als Finanzminister dieser Deal gefallen ist, hob stets hervor, dass er von den Tätigkeiten von Meischberger und Hochegger nichts gewusst hat. Hans Punz