Belgrad sieht sich durch das Verhandlungsergebnis mit dem Kosovo bestätigt und feiert den Durchbruch bei den Verhandlungen mit der EU.
Belgrad. Ihren Triumphgefühlen lässt Serbiens sonst so sorgengeplagte politische Elite freien Lauf. Die Verhandlungslinie „sowohl gegenüber der EU als auch gegenüber dem Kosovo“ habe sich bestätigt, übte sich Staatschef Boris Tadić am Wochenende im wiederholten Eigenlob.
Das in Brüssel erzielte Abkommen mit Prishtina bekräftige, „dass Kosovo kein Staat ist, solange der Staat Serbien besteht“, freute sich Außenminister Vuk Jeremić. Serbien habe nun alle Auflagen zur Erhaltung des EU-Kandidatenstatus erfüllt, verkündete Chefunterhändler Borislav Stefanović.
Tatsächlich sind Serbiens Chancen auf die Bewältigung einer weiteren Etappe auf dem Weg zum EU-Beitritt letzte Woche sprunghaft gestiegen: Schon bei dem heute, Montag, beginnenden Treffen der EU-Außenminister könnte der begehrte Status als Beitrittskandidat abgesegnet werden. Beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag soll er fixiert werden.
Starker Druck der EU
Im Dezember war Belgrad der Kandidatenstatus noch wegen fehlender Fortschritte bei der Normalisierung der Beziehungen mit der Exprovinz Kosovo verweigert worden. Zwar ist vor allem wegen der Widerstände Belgrads noch immer fast keines der erzielten Verhandlungsergebnisse mit Prishtina umgesetzt worden. Doch starker Druck der EU ließ die Dauerrivalen am Freitag ein Abkommen schließen, dessen Zustandekommen vor allem Serbiens EU-Perspektiven möglich gemacht hat. Mit einer Fußnote im Landesnamen soll der bereits von 88Staaten anerkannte Kosovo künftig an regionalen Konferenzen teilnehmen können. Dennoch feiert vor allem Belgrad die Einigung als Erfolg. Grund: Die in den Augen Serbiens ungelöste Statusfrage ist per Fußnotenverweis auf die UN-Resolution1244, die Kosovo anno 1999 als Teil Serbiens auswies, nun in der internationalen Arena manifestiert.
„Für Serbien die Kandidatur – für Kosovo die Resolution1244“, freute sich am Wochenende das Belgrader Boulevardblatt „Press“ über den „großen diplomatischen Sieg“. Zwar meint auch Kosovos Premier Hashim Thaçi, der wahre Gewinner der Einigung mit Belgrad zu sein. Doch kommt er in seiner Partei unter Rechtfertigungsdruck.
Für heute hat die oppositionelle Bewegung „Selbstbestimmung“ eine Großdemo angekündigt. Kosovo habe einen „sehr hohen Preis“ bezahlt, meint auch Søren Jessen-Petersen, der dänische Exchef der früheren UN-Verwaltung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2012)