Für mehr Ruhe und weniger Grant auf Wiens Straßen

(c) Clemens FABRY
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Interessenvertreter arbeiteten in Workshops die Konfliktpunkte zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern aus. Noch im Mai soll eine groß angelegte Kampagne für einen entspannteren Umgang miteinander werben.

Wien. Der Ton, in dem in Wien Verkehrsteilnehmer aller Art ihre Konflikte austragen, ist nicht immer freundlich, die Sprache nur selten jugendfrei. Das hat Auswirkungen auf das Verkehrsklima und letzten Endes auch auf die Sicherheit. Muss das sein?

Das Verkehrsressort im Rathaus meint nein. Hält der seit Längerem verfolgte Plan, soll im Mai eine groß angelegte Kampagne für mehr Fairness im Straßenverkehr starten. Als Werbeträger dienen unter anderem klassische Medien wie Plakate oder das Radio. Ebenfalls geplant sind öffentliche Veranstaltungen und Internetkampagnen.

Mit den sonst bekannten und vom Rathaus verordneten Aktionen zur Bürgererziehung (Beispiel: Wiener Hausordnung) hat die Initiative jedoch nur wenig zu tun. Auf Anregung von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou trafen sich in den vergangenen Monaten Interessenvertreter von Fußgängern, Rad-, Auto- und Motorradfahrern, Taxiunternehmern, Wiener Linien und Magistrat. In „überraschend konstruktiven Sitzungen“ (Workshop-Teilnehmer Martin Hoffer vom ÖAMTC) arbeiteten die knapp 30 Experten die größten Aufreger und Konfliktpunkte heraus.

300.000 Euro Budget

Die Ergebnisse waren einerseits nicht wirklich überraschend. Demnach fühlen sich Fußgänger unter anderem von Radfahrern am Gehsteig bedrängt. Radfahrer ärgern sich über mit zu wenig Seitenabstand überholende Autos. Und deren Lenkern steigt die Zornesröte meistens dann ins Gesicht, wenn sich alle anderen nicht akribisch an die Vorschriften halten.

An diesem Punkt setzt die Bewusstseinskampagne an. Auf kluge und humorvolle Art und Weise will die Stadt für mehr gegenseitiges Verständnis werben. Die Botschaft: Nicht jede Regelverletzung der anderen ist automatisch gefährlich und daher ein Grund, sich zu ärgern. So manche Übertretung – etwa Radfahren am Gehsteig – lasse sich sogar sachlich begründen. Etwa mit der Angst vor dem Fahren auf einer stark befahrenen Straße. Kommt also der Freibrief für vermeintliche Kavaliersdelikte?

Nein, glaubt Alec Hager, der für die IG Fahrrad an den Expertentreffen teilnahm. „Aber am Ende könnte eine Debatte darüber entstehen, welchen Verkehrsvergehen man mit mehr Ruhe begegnen könnte.“

Ruhe und Gelassenheit, die auf politischer Ebene bisher fehlen. Gerade die Konflikte zwischen Rad- und Autofahrern wurden stets von Stadtregierung und Opposition für eigene Zwecke instrumentalisiert. Zuletzt rund um die Errichtung der „fahrradfreundlichen Straßen“, die Rot und Grün wollen, die ÖVP aber in der Josefstadt ablehnt.

Ähnliche Konflikte sind für den Verkehrsausschuss heute, Mittwoch, zu erwarten. Das Gremium muss über den Budgetrahmen der Fairness-Kampagne abstimmen. Für heuer sind Kosten in Höhe von 300.000 Euro budgetiert. Der Plan ist, die Aktion auch in den nächsten Jahren fortzuführen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2012)

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