Weibo: Chinas Twitter als Instrument im Machtkampf

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Symbolbild(c) REUTERS (STRINGER/CHINA)
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Die KP verbreitete die Nachricht von Bo Xilais Sturz übers Internet - und zensurierte es danach wieder. Am Mittwoch war die Suche nach als heikel betrachteten Namen und Begriffen auf Weibo bereits gesperrt.

Peking/Lee. Chinesische Netzaktivisten waren als Erste informiert. Sie erfuhren bereits am späten Dienstagnachmittag von der endgültigen Entmachtung des Spitzenpolitikers Bo Xilai. Informiert wurden sie über das chinesische Twitter-Pendant Weibo. Das staatliche Fernsehen hingegen verkündete den Sturz des mächtigen Ex-Parteichefs von Chongqing erst spät in der Nacht.

Dass die Entmachtung im Netz bereits sieben Stunden vorher bekannt wurde, zeige, dass diese Nachricht bewusst lanciert war, und zwar seitens der KP. Da ist sich der chinesische Blogger Michael Anti sicher. „Chinas Staatsspitze steckt dahinter“, erklärte der unabhängige Netzjournalist im Gespräch mit der „Presse“. Die Transparenz verblüffte. Denn Chinas Führung hatte noch vor zwei Wochen die Kommentarfunktionen von Weibo gesperrt.

Doch die Internet-User ließen sich nicht in ihrer Freude bremsen. In hunderten Kommentaren feierten sie die Verkündung von Bos Entmachtung über Weibo als neue Ära in der Informationspolitik.

So ganz ausufern lassen will die derzeitige Führung die Debatte im Netz dann offensichtlich doch nicht. Am Mittwoch war die Suche nach den Namen Bo Xilai, Gu Kailai oder auch anderen als heikel betrachteten Begriffen wie „König des Südwestens“ auf Weibo bereits wieder gesperrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2012)

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