ÖVP: Herrn Kopfs vielleicht letzte Chance

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Der parteiintern umstrittene Klubchef Karlheinz Kopf soll die anderen Fraktionen im Parlament vom Demokratie- und Transparenzpaket der Volkspartei überzeugen. Das wird kein leichter Job.

Wien. Der erste gemeinsame Auftritt der beiden seit Längerem war in seiner Konstellation nicht unlogisch: Wer sonst soll die demokratiepolitischen Vorhaben einer Partei vorstellen, wenn nicht der Parteichef mit dem Klubobmann?

Dass Michael Spindelegger am Mittwoch an der Seite von Karlheinz Kopf vor die Medien trat, war aber auch symbolträchtig: Der Klubobmann erhält den Auftrag, die anderen Parteien im Parlament vom Demokratie- und Transparenzpaket der ÖVP (das im Wesentlichen jenem der JVP entspricht) zu überzeugen, um den „Ruf der Politik zu retten“, wie Spindelegger sagte. Kopf bekommt also noch eine Chance. Vielleicht seine letzte.

Denn im vergangenen Jahr soll der 54-jährige Vorarlberger gleich mehrmals vor der Ablöse gestanden sein. Dazu hatte er auch einige Gründe geliefert: In den Machtspielen um den ORF unterlag Kopf der SPÖ. Er provozierte die Hymnenänderung, indem er seine Parteifreundin Maria Rauch-Kallat im Parlament am Reden hinderte. Und im März legte er sich auch noch mit der Justiz an: Die Ermittlungen gegen seinen Klubkollegen Werner Amon nannte Kopf „eine Schweinerei“, weil völlig willkürlich.

In den eigenen Reihen sorgte vor allem die Wortwahl für Irritationen. „So kann man als Klubchef einer staatstragenden Partei nicht auftreten“, sagt ein Parteifreund zur „Presse“. Schon gar nicht gegen die Justiz, in der die ÖVP traditionellerweise viele Sympathisanten hat.

Hinzu kommt: Das Verhältnis zwischen Partei- und Klubchef war schon davor kein sonderlich inniges gewesen. Beim Obmannwechsel zu Michael Spindelegger im April 2011 stand Kopf, Mitglied im Josef-Pröll-Freundeskreis, ernsthaft zur Disposition. Spindelegger, zuvor Chef des Arbeitnehmerbundes ÖAAB, und der frühere Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kopf waren nicht nur ideologisch oftmals unterschiedlicher Auffassung.

Doch der Klubobmann ist hartnäckig bis stur, wird fachlich geschätzt und stellt sich bisweilen mit vollem Einsatz vor Parteifreunde (wie Amon), die in Bedrängnis geraten sind. Am Mittwoch nahm er Wolfgang Schüssel in Schutz, der im September aus dem Nationalrat ausgeschieden war: Ein Telefonat zwischen dem Altkanzler und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu „skandalisieren“, sei der eigentliche Skandal, ärgerte sich Kopf über entsprechende Medienberichte. Diese Klassensprechermentalität bescherte ihm nicht nur am Wirtschaftsflügel der ÖVP viele Anhänger. Das musste auch Spindelegger zur Kenntnis nehmen.

Reichlich Skepsis in der SPÖ

Doch die Aufgabe, die sich Kopf nun zu erfüllen anschickt, wird keine leichte sein. Für Demokratiereformen braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat – und die anderen Parteien sind reichlich skeptisch. Dem Koalitionspartner etwa missfällt der Vorschlag, 100 Nationalratsmandatare nicht mehr von den Parteien nominieren, sondern direkt wählen zu lassen.

Ähnlich verhält es sich mit einer anderen Idee: Jeder Staatsbürger soll ein Zehntel seiner Lohn- bzw. Einkommensteuer einem bestimmten Zweck widmen können. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter richtete der ÖVP bereits aus, dass er dieses Ansinnen für „nicht ganz fertig gedacht“ hält. Damit würde „ein Bürokratiemonster“ erschaffen.

Doch davon lässt sich ein zäher Parteisoldat wie Kopf nicht beirren. Im Beisein des Vizekanzlers kündigte er an, das Paket ab sofort dem Parlament vorzulegen – und brachte bei dieser Gelegenheit gleich ein paar eigene Ideen ein: In Zukunft solle es mehr öffentliche Ausschusssitzungen bzw. mehr Öffentlichkeit (mittels Bild- und Tonaufnahmen) in den Ausschüssen geben. Außerdem versprach er einmal mehr „volle Transparenz“ bei der Parteienfinanzierung.

An diesen Vorgaben, heißt es in der ÖVP, wird Kopf fortan zu messen sein. Nächstes Jahr wird ein neuer Nationalrat gewählt. Das könnte spannend werden.

Auf einen Blick

ÖVP-Chef Michael Spindeleggergriff die Reformideen der Jungen ÖVP auf und machte sie zur Parteilinie. Unter anderem sollen 100 Abgeordnete künftig direkt gewählt und die Vorzugsstimmen aufgewertet werden. Jeder Staatsbürger soll außerdem ein Zehntel seiner Lohnsteuer zweckwidmen können. Für die Umsetzung dieser Vorschläge braucht die ÖVP eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Klubobmann Karlheinz Kopf wurde mit den Verhandlungen beauftragt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2012)

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