Für diesen Muttertag habe ich einen genauen Plan. Wenn Sie das hier lesen, weiß ich schon, ob er aufgegangen ist.
Am schlimmsten war die Geschichte mit der Tomatenstaude. Ich muss allerdings zur Verteidigung meiner Tochter sagen: Es ist nicht ihre Idee gewesen. Die Staude war auf dem Mist von Hannahs Lehrerin gewachsen: Die Kinder hatten sie ab März gehegt und gepflegt und liebevoll aus dem Kern ein zartes Pflänzlein gezogen, das sie ihren Müttern schenken sollten. Pädagogisch äußerst wertvoll, das gebe ich zu, vor allem für Großstadtkinder, die der Natur so entfremdet sind, dass sie sich vor Stubenfliegen fürchten und das Gestrüpp im Park für einen „Wald“ halten. Das Problem war nur: Die Lehrerin hatte nicht damit gerechnet, dass es Mütter mit Betondaumen gibt, irgendwie hat sie wohl angenommen, dass Menschen, die es schaffen, ein Kind großzuziehen, auch imstande sein würden, sich um eine Pflanze zu kümmern.
Stimmt nicht!
Nach einer Woche war die Staude ertränkt oder vertrocknet, genau kann ich das nicht sagen, jedenfalls war das Symbol der Mutterliebe eingegangen.
Die anderen Muttertage verliefen weniger dramatisch, aber auch da erinnere ich mich vor allem an Töpferware, die auf dem Weg nach Hause den Henkel verloren hat und an Streitereien, wann wer welches Geschenk überreichen darf – mein Mann und ich brauchten Stunden, um die Kinder zu trösten! Darum habe ich den letzten Muttertag ganz ausfallen lassen. Was auch ein Fehler war: Statt der erhofften Ruhe hatte ich eine Horde Kinder in der Bude, die im Wohnzimmer eine Zeltstadt bauten.
Genaue Instruktionen. Darum habe ich diesen Muttertag penibel vorbereitet und auch allen genau erklärt, wie ich den Tag zu verbringen gedenke, sogar Marlenes Freundin Helena habe ich instruiert, denn sie wird in der Nacht auf Sonntag bei uns übernachten. (Das heißt: Wenn Sie diese Zeilen lesen, wird sie übernachtet haben und ich werde schon wissen, ob mein Plan aufgegangen ist.) Ich sagte also: „Ich will lange schlafen, wehe jemand weckt mich auf, und dann will ich ein zivilisiertes Frühstück. Das heißt: Keiner redet mit offenem Mund, keiner unterbricht den anderen, es wird nicht gestritten, und alle bleiben so lange sitzen, bis ich fertig bin und wieder ins Bett gehe. Denn ich werde wieder ins Bett gehen und da will ich nicht gestört werden!“
Meiner Freundin Gabi habe ich von meinem Plan erzählt, sie fand ihn „realistisch“, aber wir konnten nicht lange sprechen, denn Anton, 9, hatte ein dringendes und lautes Anliegen. „Mama“, rief er: „Was kannst du besonders gut?“ „Englisch“, sagte meine Freundin, denn sie ist Englischlehrerin. Anton: „Aber ich meine als Mama! Worin bist du als Mama besonders gut?“
Es stellte sich heraus: Anton musste in der Schule eine Muttertagskarte schreiben.
bettina.eibel-steiner@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2012)