Der Ex-EZB-Chef tritt unter außerordentlichen Umständen dafür ein, dass die EU-Staaten die Budgetpolitik von zahlungsunfähigen Ländern übernehmen.
Der frühere EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat einen Vorschlag zur Rettung des Euro präsentiert. Seinen Vorstellungen zufolge soll es möglich sein, dass die EU-Staaten im Extremfall ein Land für bankrott erklären und seine Budgetpolitik übernehmen. Dazu sollte es dann kommen, wenn die Fiskalpolitik des Landes die Währungsunion als ganze gefährde, sagte Trichet am Donnerstag in einer Rede vor einem Wirtschaftsinstitut in Washington.
Die Bildung einer Art europäischer Bundesregierung, die die Fiskalhoheit der Mitgliedstaaten größtenteils übernimmt, sei politisch nicht durchsetzbar. "Ich glaube nicht, dass wir einen großen EU-Haushalt haben werden", sagte Trichet. Eine Alternative wäre seinen Worten zufolge, eine solche EU-Regierung nur unter außerordentlichen Umständen zu aktivieren. Trichet sprach von einer "Föderation in Ausnahmefällen". Diese sei notwendig für eine solide Wirtschafts- und Währungsunion. "Es ist ein Quantensprung in der politische Führung", betonte er.
Länder unter Konkursverwaltung stellen
Trichet verwies darauf, dass es bereits eine gegenseitige Überwachung der Haushaltspolitik in der EU gebe sowie Möglichkeiten der Bestrafung bei Verstößen. Der nächste Schritt wäre es, ein Land auch unter Konkursverwaltung stellen zu können, wenn es keine Politik im Rahmen der EU-Vorgaben hinbekomme, sagte er. Demokratisch legitimiert wäre ein solcher Schritt, wenn er durch den Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs sowie das Europäische Parlament gebilligt würde, führte Trichet aus. Er äußerte sich am Vorabend des G8-Gipfels in den USA. Der Franzose Trichet war bis November Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Sein Nachfolger ist der Italiener Mario Draghi.
(APA/Ag.)