Äußerst geringe Beteiligung bei Stichentscheid um das serbische Präsidentenamt am Sonntag.
Belgrad/Apa. Serbiens Bürger sind offenbar des Wählens müde: Bei der Präsidentenstichwahl vom Sonntag zeigte sich bis zum Nachmittag ein geringes Interesse. Dies liegt wohl auch daran, dass die beiden Kandidaten – Amtsinhaber Boris Tadić von den regierenden Demokraten und sein Herausforderer Tomislav Nikolić von der rechtspopulistischen, aber EU-freundlichen Fortschrittspartei – den Wählern sattsam bekannt sind. Nicht weniger als vier Mal ist Nikolić bisher bei Präsidentenwahlen unterlegen.
Etwas Leben in die Stichwahl brachten lediglich die Betrugsvorwürfe, denen sich die beiden Kandidaten nach ihrer Stimmabgabe in Belgrad jeweils widmeten: Die Vorwürfe hatte die Fortschrittspartei nach der ersten Wahlrunde am 6.Mai erhoben, von der Staatsanwaltschaft und der Wahlkommission waren sie aber zurückgewiesen worden.
Serbien verdiene keinen des Wahlbetrugs verdächtigten Präsidenten, meinte Nikolić. Er warte, dass Tadić ihm am Abend zum Sieg gratuliere. Der als Favorit gehandelte Amtsinhaber wies die erhobenen Vorwürfe freilich umgehend zurück. Eine „derartige politische Kultur“ gebe es in Serbien nicht mehr.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2012)