Cannes: Michael Haneke gilt als Favorit

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Die Mitbewerber der ersten Filmfestwoche kommen mittelmäßig an. Nur Mungiu und Audiard machen den österreichischen Filmemachern Haneke und Seidl bisher Konkurrenz.

Der Verdacht der patriotischen Brille ist naheliegend, doch in diesem Fall völlig unbegründet: Nicht nur die österreichischen Medien sehen in Michael Hanekes neuem Film "Amour" den bisher klaren Favoriten für die Goldene Palme bei den 65. Filmfestspielen in Cannes. Auch der zweite Österreicher, Ulrich Seidl, erntete für seinen Trilogie-Auftakt "Paradies: Liebe" vielfach euphorische Kritiken. Ansonsten präsentiert sich der durchwegs männlich besetzte Wettbewerb an der Croisette nach zwei Dritteln des Festivals eher mäßig, aber mit der einen oder anderen spannenden Note.

Exorzismus im Nonnenkloster

Der Rumäne Cristian Mungiu etwa, der 2007 mit "4 Monate, 3 Wochen, 2 Tage" in Cannes erfolgreich war, schied mit seiner klaustrophobischen Religionsparabel "Beyond the Hills" die Geister. Während sich manche in dem strengen und mit Horror-Untertönen versetzten Zweieinhalbstünder langweilten, waren nicht zuletzt einige einflussreiche Medien vom Exorzismus im Nonnenkloster angetan. Im Kritikerraster des "Screen"-Magazin lag Mungius Film ebenso im vorderen Feld wie Jacques Audiards eindrucksstarker "Rust and Bone" mit einer beinamputierten Marion Cotillard.

Alte Bilder mit Star-Appeal

Matteo Garrones "Reality" über einen Mann, der sich bei "Big Brother" bewirbt, wäre dagegen vielleicht vor zehn Jahren ein Highlight gewesen, hat aber 2012 in einem Wettbewerb nicht allzu viel zu suchen. Auch Thomas Vinterbergs "Die Jagd" über einen Kindergärtner, der plötzlich des Kindesmissbrauchs verdächtigt wird, verärgerte viele mit seinem deutlich in die Jahre gekommenen Männerbild. Und Alain Resnais' altbackener Theaterfilm "You Ain't Seen Nothin' Yet" mit einem französischen Star-Ensemble wäre in einer Sondervorführung deutlich besser aufgehoben gewesen.

Blut und Whisky

Andere Filme wiederum hinterließen entweder einen schalen oder einen vor allem brutalen Beigeschmack. Ken Loachs weichgespülte Sozialkomödie "The Angel's Share" über Kleinkriminelle mit Vorliebe für Whisky ist zwar sympathisch, würde aber wohl auch bei einem regulären Kinostart sein Publikum finden. Abbas Kiarostamis "Like Someone in Love" über einen Professor und eine Prostituierte ist langweiliges Altherrenkino. Und die starbesetzten Produktionen "Lawless" (mit Shia LaBeouf) und "Killing Them Softly" (mit Brad Pitt) sind blutige Genre-Filme, die gerne cleverer wären als sie sind.

So ist der Wettbewerb bisher zu einem Schaulaufen vergangener Helden des Festivals von Cannes geworden, deren jüngste Arbeiten allesamt einen mittelmäßigen Eindruck hinterließen und Festivalleiter Thierry Fremaux widerlegten, der zum Jubiläumsfestival ankündigte, dass das bedeutendste Filmfestival der Welt auch in höherem Alter neuen Ideen gegenüber offen sein müsste. Und auch die Diskussion um die Abwesenheit von Filmemacherinnen im Wettbewerb wird dadurch wieder genährt. Zumindest Haneke und Seidl müssen sich davon nicht betroffen fühlen: Ihre Filme lieferten die bisher ungewöhnlichsten neuen Impulse an der Croisette.

(APA)

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