UNHCR kritisiert Asyl-Lage in Ungarn

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Asylwerber müssen das Ende ihres Verfahrens in Haft absitzen, meint das Flüchtlingshochkommissariat. Ungarn dementiert die Vorwürfe.

Wien/Budapest. Das Asylsystem wird missbraucht, um illegale Migration zu bekämpfen – so lautet das Fazit aus dem Bericht des Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) über die Situation von Asylsuchenden in Ungarn, der am Montag auf Deutsch erscheinen soll.

Denn viele Asylsuchende würden zwar ohne Visum in das Land einreisen, aber unabhängig davon, ob sie einen Asylantrag stellen oder nicht, würden sie sofort in eine der Hafteinrichtungen der Polizei in Budapest, Györ, Kiskunhalas und Nyírbátor gebracht werden. Den Abschluss des Verfahrens müssten sie dort mit anderen Häftlingen abwarten.

„Asylwerber werden wie illegale Migranten behandelt, die sie aber zu diesem Zeitpunkt nicht sind“, sagt UNHCR-Regionalleiter Gottfried Köfner zur „Presse“. Und: „Wenn Asylwerber einmal zur Post oder vor Gericht müssen, werden sie wie Kriminelle in Handschellen dorthingebracht.“

1200 Asylanträge im Vorjahr

Außerdem würden Flüchtlinge, die über Serbien das Land betreten, oft wieder dorthin zurückgeschickt werden – obwohl Serbien nicht als sicheres Land für Flüchtlinge gilt. Dabei dürfte Ungarn mit der Zahl der Bewerber nicht überfordert sein: 1200 Asylanträge wurden 2011 an Ungarn gestellt. Zum Vergleich: Österreich hatte etwa 14.400 Bewerber zu bewältigen.

Aber der Bericht soll laut Köfner auch ein Appell an die österreichische Regierung sein: Denn im Rahmen der Dublin-II-Verordnung werden Asylsuchende, die über Ungarn nach Österreich kommen, wieder nach Ungarn zurückgebracht (also in jenen EU-Staat, in dem der erste Antrag auf Asyl gestellt wurde oder der Flüchtling erstmals EU-Land betreten hat). Im letzten Jahr betraf das rund 130 Menschen. „Österreich sollte sich überlegen, ob es Flüchtlinge unter diesen Umständen nach Ungarn zurückschicken will“, sagt Köfner.

Umstände, die die ungarische Regierung dementiert: Asylwerber würden nicht mit anderen Kriminellen inhaftiert werden, meinte Zsolt Hamosi, stellvertretender Polizeichef in Ungarn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2012)

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