Die Schweiz übernehme die Risken des Euro, findet Ex-UBS-Chef Oswald Grübel. Im Sommer des Vorjahres war es beinahe zu einer Euro-Franken-Parität gekommen.
Im vergangenen September hat die Schweizer Nationalbank (SNB) einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro festgelegt – und bislang auch noch keine Anstalten gemacht, daran etwas zu ändern.
Ihre Mindestkurspolitik gegenüber der Gemeinschaftswährung werde die SNB eines Tages jedoch aufgeben müssen, findet der einstige Chef der Schweizer Großbank UBS, Oswald Grübel. Denn mit der Festsetzung des Wechselkurses bürde die SNB der Schweizer Wirtschaft große Risken auf. Grübels Ansicht zufolge ist der Euro eine künstliche Transferwährung. Mit der Koppelung des Franken an den Euro übernehme die Schweiz die Risken der Eurozone, schreibt der Ex-Banker in einem Kommentar. Der Preis, den die Schweiz für die Mindestkursgrenze bezahlen müsse, werde mit der Zeit immer höher.
Geldpolitik hat Vorrang
Erst Ende Mai hat der Vizepräsident der Schweizer Nationalbank, Jean-Pierre Danthine, betont, dass die Maßnahmen der SNB, wie auch jene anderer Notenbanken, „maßgeschneiderte Antworten auf außergewöhnliche Umstände“ seien – deren Wirkung man allerdings nicht überschätzen dürfe.
Danthine sagte weiters, dass die SNB den Mindestkurs mit aller Konsequenz umsetzen und unbeschränkt Devisen kaufen werde, auch wenn die Bilanz der SNB dadurch größer und volatiler werde. Geldpolitische Erwägungen müssten stets Vorrang vor Überlegungen zu Risken in der Bilanz der SNB haben. Eine Aufwertung des Franken würde die Schweizer Wirtschaft Risken aussetzen. Erst vor wenigen Wochen durchbrach die Währung die von der SNB festgelegte Mindestgrenze. Im Sommer des Vorjahres war es beinahe zu einer Euro-Franken-Parität gekommen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2012)