Die Quelle der Unruhe: Das Enthüllungsbuch über geheime Machenschaften im Vatikan

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Symbolbild(c) AP (PIER PAOLO CITO)
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Das Buch „Sua Santità“ („Eure Heiligkeit“) des Journalisten Gianluigi Nuzzi, das demnächst auf Deutsch erscheinen soll, enthält Briefwechsel und Dokumente, die außer Benedikt bisher nur wenige in der Hand hatten.

Rom/P.K. Enthüllungen über geheime Machenschaften im Vatikan gibt es zwar schon immer. Misstrauen und Gerüchte, Intrigen und Todesfälle haben Hunderte von Romanautoren inspiriert, beileibe nicht nur Dan Brown. Doch dass seit ungefähr einem halben Jahr kontinuierlich Originaldokumente, direkt vom Schreibtisch des Papstes, an die Öffentlichkeit sickern, ist neu. Sie belegen Streitigkeiten in der Kurie, Organisationschaos, Mobbing und Eifersucht – und alles, ganz kirchenunüblich – in zupackender Sprache, ohne Verbrämung mit religiösen Floskeln.

Italienische Zeitungen stürzen sich seit Jahresbeginn darauf. Doch das Buch des 43-jährigen Fernsehjournalisten Gianluigi Nuzzi, das demnächst auf Deutsch erscheinen soll, setzt allem die Krone auf: Unter der Briefanrede „Sua Santità“ („Eure Heiligkeit“) versammelt es auf gut 300 Seiten aktuelle Dokumente und Briefwechsel, die außer Benedikt XVI. und seinem Privatsekretär Georg Gänswein nur ganz wenige Menschen in der Hand gehabt haben können.

Wer sie ihm zugespielt hat, verrät Nuzzi nicht. Er habe mehrere Informanten gehabt: „Vatikanbürger und -beschäftigte“, die das Amtsgeheimnis verraten hätten. Sie fühlten sich „frustriert, weil machtlos gegenüber widerrechtlichen Übergriffen, persönlichen Interessen und unterdrückten Wahrheiten“. Und deswegen: Raus mit der Sprache. Offiziell zeigen alle Finger auf den päpstlichen Kammerdiener,  Paolo Gabriele, der am Dienstag erstmals vernommen wurde.

Keine Bestechung

Aus dem ihm zugespielten Archiv eines verstorbenen Kurienbeamten hat Nuzzi vor drei Jahren ein Buch über die dubiosen Finanzgeschäfte der Vatikanbank gemacht (auf deutsch erschienen unter „Vatikan AG“). Damit hat er sich offenbar bei den Dissidenten in der Kurie empfohlen und scheint so an die neuen Dokumente gekommen zu sein. Bestochen jedenfalls, versichert Nuzzi, habe er niemanden.

Manches im Buch liest sich sogar richtiggehend lustig – jener Bericht an den Papst etwa, in dem das Staatssekretariat nach Benedikts Deutschlandreise im Herbst 2011 die protestantischen Reaktionen zusammenfasst. Voller Empörung zitieren Benedikts Männer den Satz einer führenden Vertreterin der Evangelischen Kirche Deutschlands, beim evangelisch-katholischen Treffen in Erfurt „haben wir Protestanten den Altersdurchschnitt eindeutig gesenkt“. So etwas weist Rom als „beißende Bemerkung“ zurück.

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