Preisabsprachen: Kartellverfahren gegen Rewe ruht

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REWE INTERNATIONAL AG IN WIENER NEUDORF(c) APA/GEORG HOCHMUTH (Georg Hochmuth)
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Seit Monaten stehen die Ermittlungen gegen Billa und Merkur, das Gericht gibt Unterlagen nicht frei. Jetzt sucht man eine außergerichtliche Einigung.

Wien. Es war ein unerfreuliche Überraschung für Rewe, als die Mitarbeiter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am 27.Februar in der Firmenzentrale in Wiener Neudorf an die Tür klopften. 15 Mitarbeiter durchkämmten die Räume des Unternehmens, zu dem Billa, Merkur, Bipa, Penny und Adeg gehören. Man suchte Beweise dafür, dass es Preisabsprachen bei Produkten und mit Lieferanten gab. Ob man sie gefunden hat, weiß man jetzt – drei Monate später – noch immer nicht: Die beschlagnahmten Unterlagen liegen nämlich seither unter Verschluss beim Kartellgericht.

Jetzt will man nicht mehr länger auf eine Freigabe durch das Gericht warten: Die BWB und Rewe versuchen, ohne langwierige Ermittlungen eine Einigung in der Causa zu finden. „Ja, das gerichtliche Verfahren ruht auf Antrag beider Parteien“, bestätigte am Freitag ein Mitarbeiter des Kartellgerichts. Man warte nun ab, ob sich BWB und Rewe auf eine weitere Vorgangsweise einigen können.

Langwieriges Gerichtsverfahren

Bei der BWB erklärt man die direkten Verhandlungen mit Rewe über eine mögliche Strafzahlung damit, dass sich ein Gerichtsverfahren sehr lange ziehen könnte. „Es ist besser, wenn man in der Sache eine schnelle Lösung findet, mit der alle Seiten leben können.“ Man warte schon drei Monate darauf, Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen zu bekommen. Die müssten dann ausgewertet und für ein Gerichtsverfahren aufbereitet werden. Das könne noch „sehr, sehr lang“ dauern.

Das Gesetz schreibt vor, dass die BWB Unterlagen, die sie beschlagnahmt hat, nicht direkt einsehen darf. Vielmehr muss das Kartellgericht die Akten sichten und darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang sie eingesehen oder kopiert werden dürfen.

Und das dauert bei der Menge an Papier und Festplatten, die die 15 Mitarbeiter in den insgesamt acht Tagen in Wiener Neudorf einsammelten. Vier Wäschekörbe voll mit Akten würden beim Gericht liegen, berichtet ein Mitarbeiter. Dazu kämen etwa 2500 Gigabyte an Daten, die von der BWB von PCs bei Rewe heruntergeladen wurden. „Laienhaft ausgerechnet entspricht das der Menge von etwa 31 Millionen pdf-Dokumenten.“ Das sei natürlich nicht der Fall, weil auf den Festplatten nicht nur Textdokumente gespeichert seien. Aber: „Man bekommt eine Vorstellung von der Größenordnung.“

Vor wenigen Wochen beklagte ein Mitarbeiter der BWB im Gespräch mit der „Presse“, dass in dem Rewe-Verfahren nichts weitergehe. Man versuche zwar, an anderer Stelle zu ermitteln, aber man könne eigentlich „nur darauf warten, dass das Gericht endlich die Akten freigibt“. Die lange Verzögerung sei jetzt „mit ein Grund, dass wir versuchen, eine Einigung – gerichtlich oder außergerichtlich – mit Rewe zu erzielen“.

Absprachen bei Kaffee, Bier

Der Konzern hatte schwere juristische Geschütze gegen die Wettbewerbsbehörde aufgefahren. Drei Kanzleien waren bei den Hausdurchsuchungen involviert, anfangs hatte Rewe nur die Versiegelung einiger weniger Dokumente beantragt. Am Ende der Hausdurchsuchung, als die BWB bereits tausende Seiten Akten kopiert hatte, habe es aber einen Antrag auf Verschluss für alle Papiere gegeben. Diesem Antrag muss das Gericht laut Gesetz stattgeben.

Rewe soll laut Vorwurf der BWB Mitglied eines „Sternkartells“ gewesen sein. Dabei habe der Lieferant als „Informationsplattform“ gedient. Mit ihm seien Preise vereinbart worden, die Lebensmittelhändler hätten sich im Gegenzug verpflichtet, die Ware nicht unter einem bestimmten Preis zu verkaufen.

Es soll aber auch direkt Absprachen mit Konkurrenten über den Verkaufspreis von Produkten gegeben haben. Gerüchteweise ging es vor allem um Kaffee und Bier, die BWB betonte aber, die Absprachen würden „ein sehr breites Spektrum an Produktgruppen“ umfassen. Welche weiteren Händler in die Ermittlungen involviert sind, gab die BWB nicht bekannt.

Auf einen Blick

Die Wettbewerbsbehörde beschlagnahmte Ende Februar beim Lebensmittelkonzern Rewe (u.a. Billa, Merkur) tausende Seiten Akten und 2500 Gigabyte an Computerdaten. Was sich darin bzw. darauf befindet, weiß man aber noch immer nicht: Die Unterlagen müssen nämlich erst vom Gericht freigegeben werden. Die BWB sucht nun einen außergerichtlichen Vergleich mit Rewe, um die Causa schneller abzuschließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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