Brot & Spiele unter Stahl & Teflon

Fußball-EM, Olympia, Beachvolleyball – und Österreicher spielen eine Rolle beim Bau. Unternehmen erschaffen auf diese Weise sportliche Denkmäler – drei Beispiele.

Sportplätze faszinieren die Menschen seit der Antike. Damals strömten die Massen in das griechische Stadion von Olympia oder in das Kolosseum in Rom und ließen sich von der Architektur und Stimmung beeindrucken. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Stadionbau rasant entwickelt – mit anhaltender Begeisterung. Den Anfang einer heute noch gängigen Baupraxis machte Mitte der Neunzigerjahre die Errichtung der Amsterdam Arena– ein multifunktionaler Komplex mit hohem Komfort: Neben der Installation von verschließbaren Dächern und fahrbaren Spielfeldern gehören Business- und Logenplätze dazu.

Zu diesem Typus zählt das polnische Nationalstadion in Warschau, das von der „Financial Times“ und der internationalen Organisation „CEE Insight Forum“ mit dem „Central and Eastern European Real Estate Quality Award 2012“ prämiert wurde.

Jetzt erfolgte dort der Anpfiff zur Fußballeuropameisterschaft. Allerdings musste der bereits im Februar verlegte Rasen vor Beginn der EM noch rasch erneuert werden – eine 626.000Euro teure Maßnahme, erklärt Paulina Obelinda aus der Presseabteilung der staatlich kontrollierten Betreibergesellschaft „Nationales Sportzentrum“. Alpine zeigt sich für den Bau dieses polnischen Stadionkolosses verantwortlich.

Der österreichische Konzern beziffert die Gesamtkosten mit 478Millionen Euro. Und obwohl kein Warschauer Fußballverein hier künftig regelmäßig spielen wird, zeichne sich eine erfolgreiche Weiternutzung des Objekts ab, sagt Obelinda. Konzerte sollen auch nach der Europameisterschaft Besucher in die mit 58.500 Sitzplätzen bestückte Arena locken.

Stahl, Teflon und Holz

Vor Niederschlägen und Unwettern schützt ein aus Stahl und Teflon ausfahrendes Dach die Zuschauerränge und das Spielfeld. Auf einen Blick aus der Arena in den Himmel muss zwar dann verzichtet werden – im Gegenzug kann ein ungestörter Ablauf der Veranstaltung stattfinden. Dass Entwickler und Betreiber neben dem sportlichen auch ein wirtschaftliches Konzept verfolgen, ist kein Geheimnis.

Im direkten Stadionumfeld entsteht eine Flaniermeile mit Restaurants, Fanshops, Kiosken sowie Sanitärbereichen. Wenn sich „König Fußball“ dann Anfang Juli von der EM-Bühne verabschiedet, folgt hierzulande ein Event im beschaulicheren Rahmen: das Beachvolleyball-Turnier in Klagenfurt. Dort gibt sich die Sportelite am Wörthersee ein Stelldichein. Im Vorfeld steht wie beim Spiel auf dem Rasen auch bei den Sandplatzspezialisten einiges an Arbeit auf dem Programm.

Sandiges Spektakel

Bevor die Veranstaltung mit über 100.000Besuchern und prominenten Gästen beginnen kann, muss das Stadion erst aufgebaut werden. Drei Wochen benötigen die 15Monteure für die Errichtung der Haupttribüne mit 5000Sitzplätzen, einer überdachten VIP-Tribüne für 1400Besucher sowie der 1000Quadratmeter großen VIP- und Seeterrasse.

„26 Lkw mit 500Tonnen Material kommen zum Einsatz“, beschreibt Rolf Hauf den Aufwand für das einwöchige Spektakel in Kärnten. Er ist Projektleiter des Schweizer Unternehmens Nüssli, das sich auf die Konstruktion von Sportstadien spezialisiert hat. „Die Haupttribüne wird in einer U-Form aufgebaut, was der Anlage einen Stadioncharakter verleiht. Logistisch herausfordernd ist der Einbau von Büro- und Toilettencontainern in die Tribünen“, sagt Hauf. Ist in den großen „Sandkisten“ der Volleyballer Ruhe eingekehrt, erfolgt die Demontage: Dafür braucht das Team von Hauf etwa eineinhalb Wochen.

Etwa 1200Kilometer Richtung Nordwesten– in London – erfolgt zeitgleich die Entzündung des olympischen Feuers. Im großen Trubel um Olympia dabei ist das oberösterreichische Unternehmen Wiehag als Erbauer des Dachtragewerks der zurzeit größten Schwimmhalle Großbritanniens, des „Sunderland Aquatic Centre“ mit 500Sitzplätzen im Nordosten Englands.

„Die Montage des Daches benötigte nur circa sechs Wochen“, beschreibt Johannes Rebhan, Projektverantwortlicher bei Wiehag, das aus Holz bestehende Bauwerk. Mit 50Meter Spannweite und einem sehr geringen Radius von drei Metern wurde der „Olympic Size Pool“ überdacht. Die Planer haben sich für ein effizientes Gebäude eingesetzt, da diese Hallen im Normalfall Wasser- und Energieverschwender sind. Als „excellent“ wurde das Aquatic Centre vom britischen Nachhaltigkeitszertifikat „BREEAM“ eingestuft. Wenn also bei Olympia Markus Rogan & Co. im Einsatz sind, werden sie unter einem Holzbau aus der Heimat hoffentlich Medaillen erschwimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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