Elliott Erwitt: Augenzwinkern mit der Kamera

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Magnum-Mitglied Elliott Erwitt zeigt seine Bilder in Wien. Und spricht über Humor und Hunde, die Monroe und sein Alter Ego André S. Solidor.

Dichte weiße Haare, füllige Backen und eine Brille, hinter der die Augen lachen. Elliott Erwitt muss ein großartiger Großvater für seine acht Enkel sein. Er ist aber auch ein großartiger Fotograf. Eine „Ikone der Fotografie“ nennt ihn Franz Patay, der Chef des Kunst Haus Wien, das Erwitt mit einer Retrospektive feiert. Der 83-Jährige, frühes Mitglied der Magnum-Fotoagentur, kommt nach einer Rückenoperation mit Stock ins Hundertwasser-Gebäude. Auf dem Stock ist eine Hupe befestigt. Die sei vielseitig, erklärt er trocken: „Man kann sich Platz machen, die Aufmerksamkeit von Hunden erregen oder Leute zum Lächeln bringen.“

Das tut er auch mit seinen Bildern, Erwitt ist berühmt für seinen Humor. Zu sagen hat er dazu wenig. „Ich stehe nicht in der Früh auf und beschließe, humorvoll zu sein. Ich mache Bilder für Auftraggeber und dann ein paar für mein eigenes Amüsement.“ Nichtsdestotrotz wird der Wahl-New-Yorker gern als „Woody Allen der Fotografie“ bezeichnet und protestiert zumindest nicht. Neu ist ihm, dass ihn der britische „Independent“ auch schon zum Sacha Baron Cohen seines Fachs gemacht hat. Ob er mit dem Vergleich einverstanden sei? „Nein, aber es ehrt mich. Ich mag ihn, auch wenn ich nicht glaube, dass ich so vulgär bin wie er.“

Grund für den Vergleich ist André S. Solidor, Erwitts Alter Ego (die Initialen stehen nicht zufällig für „ass“). 2011 ließ er den selbstgefälligen Franzosen eine Ausstellung gestalten. „Er erschien mir eine gute Idee, um mich über die Kunstszene lustig zu machen. Er ist erst am Anfang, ich muss ihn noch ein bisschen mehr promoten.“

Erwitt ist selbst in Paris geboren, seine Eltern kamen aus Russland, er wuchs in Mailand auf, später in Los Angeles. In New York traf er Robert Capa, der ihn nach seinem Militärdienst zu Magnum holte. Er wurde Fotojournalist, rückte zu Castro aufs Sofa, bekam von Che Guevara Zigarren geschenkt, fotografierte Marilyn Monroe am Set zu „Misfits“. Ein schwieriger Job. „Sie war verrückt, in einer schlimmen Phase ihres Lebens und nicht sehr verlässlich. Aber ich mochte sie, sie war nett zu mir.“ Warum die Menschen allerdings bis heute verrückt nach ihr seien, sei schwer zu verstehen. „Aber früh zu sterben ist ein guter Karriereschritt. Heute wäre sie 85 – und sicher nicht mehr ganz so glamourös.“

Wenig glamourös ist auch sein wiederkehrendes Motiv, Hunde. „Dafür wohlwollend. Sie sind dem Menschen so ähnlich, wie ein Tier sein kann, und haben nichts dagegen, wenn man in ihre Privatsphäre eindringt.“ Sammy, sein letzter Hund, starb vor Kurzem 17-jährig. Ob er sich noch einmal einen zulegen will? „Ich muss ein bisschen warten. Aber sicher. Der nächste wird ein Rettungshund. Oder ein Rauhaardackel.“ Ein Dackel? „Die sind sehr klug. Ich glaube, sie sind gut am Computer. Ich bin's nicht.“

Auf einen Blick

Elliott Erwitt (83) wurde als Sohn russischer Auswanderer in Frankreich geboren und lebt seit 1939 in den USA. Seit 1953 ist er Mitglied der Fotoagentur Magnum, mehrere Jahre war er deren Präsident. Eine Retrospektive seines Werks ist ab heute im Kunst Haus Wien zu sehen. Heute Abend findet mit ihm ein Photographer's Talk statt: 19 Uhr, Karten um fünf Euro ab 17.30 Uhr an der Abendkassa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2012)

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