Slim nutzt Telekom als Brückenkopf in Europa

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Der Konzern America Movil übernimmt die Anteile von Ronny Pecik und setzt damit den ersten Schritt in den europäischen Markt. Mit der Telekom kaufen die Mexikaner Expertise und ein Sprungbrett nach Osteuropa.

Wien/Eid. Europas Telekomszene muss sich auf einen neuen Big Player einstellen, der den von fallenden Preisen und Milliardeninvestionen in neue Technologien geprägten Markt kräftig aufmischen wird: Es ist der mexikanische Multimilliardär Carlos Slim – und er hat sich die Telekom Austria als Brückenkopf in seinem neuen Revier ausgewählt. Slim übernimmt über seinen Telekomkonzern America Movil schrittweise das gesamte Aktienpaket von 21 Prozent des Investors Ronny Pecik und wird nach der Staatsholding ÖIAG (28,4 Prozent) zweitgrößter Anteilseigner der Telekom.

America Movil, die schon vor dem Deal 1,7 Prozent der TA-Aktien besaß, zahlt bei einem kolportierten Kaufpreis von 9,50 je Aktie für das ganze Paket rund 883 Mio. Euro. Pecik und sein Finanzpartner, der ägyptische Milliardär Naguib Sawiris, dürften beim Einstieg im Herbst des Vorjahres einen Durchschnittskurs von 8,50 Euro gezahlt haben. Womit sie mit rund 100 Euro Bruttogewinn (ohne Beraterkosten und Zinsen für den Kredit) ausgestiegen wären.

Pecik, dessen Privatstiftung RPR fünf Prozent sofort und den Rest bis Jahresende abstößt, wollte über den Preis nicht sprechen. Es sei „keine Maximierung, aber eine Optimierung“ gelungen. „Fekter (Finanzministerin Maria Fekter, Anm.) bekommt von mir ohnehin die Steuern“, sagte er am Freitag. Sawiris sprach zur Agentur Bloomberg von einem „schönen Gewinn“. Der Verkauf sei gut für die Telekom, „alle sind glücklich“.

ÖIAG begrüßt Slim-Einstieg

Positiv sind die Reaktionen von ÖIAG und Telekom, zumal sich die Mexikaner zum „Standort Österreich“ bekennen und die Firmenzentrale inklusive Osteuropasitz in Wien behalten wollen. „Dieser Investor ist ein finanziell und strategisch hervorragend aufgestelltes Unternehmen mit langfristigen strategischen Interessen speziell auch in Mittel- und Osteuropa“, sagte der scheidende ÖIAG-Vorstand Markus Beyrer, der dem Aufsichtsrat der Telekom vorsteht. TA-Boss Hannes Ametsreiter freut sich auf eine gute Kooperation mit „einem der erfolgreichsten Telekomunternehmen weltweit“.

Für America Movil ist die Beteiligung bei der TA der Markteintritt in Europa. Slim hat zwar ein Angebot zum Erwerb von 27,7 Prozent der niederländischen KPN laufen, noch ist der Deal aber nicht fix. Das Offert läuft bis Ende Juni.

Für den mexikanischen Konzern, der seinen Fokus bisher in Lateinamerika hat, ist bei der Telekom zweierlei interessant: Die Präsenz der Österreicher in Zentral- und Osteuropa – die TA ist in Kroatien, Serbien, Slowenien, Mazedonien, Bulgarien und Weißrussland aktiv. Dazu kommt das Know-how der TA bei neuen Technologien. Das betrifft die Infrastruktur (Glasfaser), als auch die vierte Handygeneration LTE, die noch schnelleres mobiles Internet ermöglicht. Gerade in Brasilien, einem der rasant wachsenden Schwellenländer, fordern Unternehmen den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur, erklären Kenner der America Movil. Da ist die Expertise der Telekom gefragt.

Slim dürfte seine prall gefüllte Kasse für weitere Expansionsschritte nutzen: Vor zwei Wochen fiel im Konzern eine Grundsatzentscheidung, Zukäufe in Zentral- und Osteuropa zu tätigen – über die Telekom und gesondert.

Pecik, der Slim nie persönlich getroffen hat, nannte America Movil einen „sensationellen Partner“. „Das waren meine härtesten, kürzesten und professionellsten Verhandlungen.“ Er sei bald nach seinem Einstieg bei der TA von Investmentbanken kontaktiert worden. Von mehreren Kandidaten, unter anderem die Telenor, sei America Movil der beste.

Zwei Aufsichtsräte für Mexikaner

Den Vorwurf, dass er seinem Image treu geblieben sei und rasch Kasse gemacht habe, lässt Pecik nicht gelten. „Ich habe immer gesagt, dass wir einen strategischen Partner für die Telekom suchen.“ Er selbst werde nicht, wie kolportiert, Anteile an einem Joint Venture mit America Movil halten. Er vertrete nun als Vize-Präsident des Aufsichtsrats die Mexikaner in der TA. Pecik geht davon aus, dass sie einen zweiten Aufsichtsratsposten fordern und auch die von ihm geforderte Aufstockung des Vorstands unterstützen. Eine Kapitalerhöhung für die TA schließt Pecik ebenfalls nicht aus, zumal die Finanzkraft des Konzerns für große Investments schwach sei.

Slim und America Movil Seite 16

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2012)

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