Telekom-Aktie könnte von der Börse verschwinden

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Symbolbild(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Experten erwarten, dass sich die ÖIAG und der neue Telekom-Großaktionär America Movil über ihre Vorgangsweise beim Telekom-Konzern abstimmen. Das würde den Kleinaktionären ein „Pflichtangebot“ bescheren.

Wien/red/. Nach dem Einstieg des mexikanischen Telekom-Magnaten Carlos Slim bei der Telekom Austria könnte die Aktie des heimischen Telekomkonzerns mittelfristig vom Kurszettel der Wiener Börse verschwinden: Experten gehen davon aus, dass die Staatsholding ÖIAG und Slims America Movil ihre Interessen im Rahmen eines Syndikatsvertrags bündeln. In diesem Fall würden sie aber die Kontrollschwelle von 30 Prozent deutlich übersteigen und müssten den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot legen.

Genehmigungen stehen noch aus

Wie berichtet hat Slims America Movil über ihre niederländische Gesellschaft Amov Europa vom Investor Ronny Pecik in einem ersten Schritt 6,75 Prozent der Telekom übernommen. Mit den über andere Gesellschaften bereits in seinem Besitz befindlichen Telekom-Papieren hält der Mexikaner nun 9,89 Prozent. Vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen will Slim von Pecik insgesamt 22,76 Prozent erwerben, womit er (einschließlich der über seine Gesellschaft Immobilia Carso schon in seinem Besitz stehenden Anteile) eine Sperrminorität hielte.

Eine der „behördlichen Genehmigungen“ wird wohl diese Sperrminorität betreffen. Denn seit dem Vorjahr existiert ein Gesetz, das Übersee-Investoren beim Erwerb von genau definierten wichtigen Unternehmen (zu denen die Telekom zählt) deutlich einschränkt. Konkret muss das Wirtschaftsministerium zustimmen, wenn ein nicht aus der EU oder der Schweiz stammender Investor eine Beteiligung von mehr als 25 Prozent an einem solchen Unternehmen erwirbt.

Nachdem die staatliche ÖIAG den Einstieg Slims ausdrücklich begrüßt hat, gehen Experten allerdings von einer Zustimmung des Ministeriums zum Deal aus. Auch der Abschluss eines Syndikatsvertrags gilt als relativ wahrscheinlich. Kommt es nicht zur Abstimmung, würde die Telekom nämlich zwei annähernd gleich große dominierende Aktionärsgruppen haben, die einander vollständig blockieren könnten. Keiner der beiden könnte gegen den anderen irgendetwas durchsetzen.

Ein Versuch, Strategien ohne offiziellen Syndikatsvertrag abzustimmen, um ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre zu umgehen, dürfte  auf heftigen Widerstand seitens der Übernahmekommission stoßen. Aus dem Umkreis der Kommission verlautete am Montag, man werde die Entwicklung sehr genau beobachten und die beiden Großaktionäre im Falle abgestimmten Vorgehens zu einem Übernahmeangebot zwingen.

Hoffen auf einen hohen Preis

Anlegerschützer Wilhelm Rasinger machte sich gestern für eine Syndikatslösung stark und meinte, man solle sich dabei die teilstaatliche OMV zum Vorbild nehmen. Kleinanleger hoffen, dass der gedrückte Aktienkurs der Telekom (sie notiert derzeit bei etwas mehr als acht Euro) von einer solchen Entwicklung profitieren könnte. Slim zahlt Pecik für die Übernahme des Aktienpakets nämlich einen Preis, der mit 9,5 Euro recht deutlich über dem aktuellen Börsenkurs liegt. Das nährt die Hoffnung, dass sich auch ein Übernahmeangebot an die „Kleinen“ an diesem Kurs orientieren könnte.

Analysten warnen allerdings vor Illusionen: So tief würde Slim nur in die Tasche greifen, falls er eine kontrollierende Mehrheit von mehr als 75 Prozent an der Telekom (die für die vollständige Beherrschung der Gesellschaft notwendig ist) anstrebe. Das sei derzeit aber unwahrscheinlich, zumal die ÖIAG nicht daran denke, ihren Anteil abzugeben (und dafür auch keinen Privatisierungsauftrag von der Regierung hat).

Fundamental hat die Telekom vorerst keine Kursfantasie, mehrere Analysten gehen von Kurszielen von weniger als acht Euro aus.

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