Sie wissen ja gar nicht, was Mangel wirklich bedeutet

Einen Mangel kennen wir auch, wenn es eine Unterversorgung gibt – an Flüssigkeit, an Nahrung, an Schlaf, . . .
Einen Mangel kennen wir auch, wenn es eine Unterversorgung gibt – an Flüssigkeit, an Nahrung, an Schlaf, . . .(c) AFP (JOEL SAGET)
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Wenn Mangel weiblich ist, hat das nichts mit schlechter Qualität oder Unterversorgung zu tun.

Mangel kennen wir natürlich. Wenn wir zu Weihnachten ein fehlerhaftes Produkt bekommen haben, zum Beispiel. Oder zumindest eines, dessen Qualität vom üblichen Standard abweicht. Einen Mangel kennen wir auch, wenn es eine Unterversorgung gibt – an Flüssigkeit, an Nahrung, an Schlaf, . . . Aber wie lässt sich mit diesem Begriff erklären, wenn man jemanden in die Mangel nimmt? Nun, gar nicht. Denn dahinter verbirgt sich weder schlechte Qualität noch ein Fehlen: Die Mangel ist ein Gerät mit zwei oder mehr Rollen, mit denen man etwas flachwalzen kann – verwendet wird dieses Verfahren etwa, um Textilien zu glätten. Und so wie man am Ende ein zwischen den Walzen geglättetes Kleidungsstück herausbekommt, kann man im übertragenen Sinn Menschen, die man unter großen Druck setzt, in die Mangel nehmen. Sollten Sie zu Weihnachten eine Mangel mit einem Mangel bekommen haben, können Sie den Verkäufer natürlich auch in die Mangel nehmen. Er wird sie schon nicht im Stich lassen . . .

Apropos, auch diese oft verwendete Redewendung hat natürlich einen Ursprung. Dafür begeben wir uns in die Zeit von Turnieren, wie wir sie aus Ritterfilmen kennen. Wer seinem Kampfgefährten von der Seite wich, ließ ihn quasi im Stich des Gegners, der dann mit einer Lanze oder einem Schwert einen Treffer landen konnte. Für diesen Fall „sticheln“ zu bemühen, trifft es nicht ganz, aber so falsch ist es auch wieder nicht. Denn aus dem wiederholten Einstechen in etwas mit einem spitzen Gegenstand hat sich auch die übertragene Bedeutung für kleine boshafte Anspielungen gegen jemanden entwickelt. Aber wer einen solchen Stich aushält, der hat wohl Stich gehalten und damit überzeugt – daher kommt auch stichhaltig. Es gibt noch viele andere hübsche Redewendungen, in denen der Stich eine Rolle spielt, allein – wir haben hier einen Platzmangel . . .

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2019)

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