USA: Mehr Platz für tote Helden

(c) AP (Susan Walsh)
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Der Soldatenfriedhof Arlington muss vergrößert werden. Ein Grund sind die vielen Todesfälle im Irak und in Afghanistan.

Washington. Die Zeremonie ist von bewegender Schlichtheit. Sechs Soldaten tragen einen Sarg, auf dem die amerikanische Fahne ausgebreitet ist. Ein Offizier verliest den militärischen Lebenslauf des Verstorbenen. Nach einer kurzen Rede des Priesters feuern sieben Soldaten einen Ehrensalut ab, dann spielt ein Trompeter den Zapfenstreich, und der Offizier übergibt die zu einem Dreieck zusammengefaltete Fahne an die Ehefrau des Verstorbenen oder an die Kinder: „Im Namen einer dankbaren Nation.“

Durchschnittlich 30 Mal pro Tag wiederholt sich diese Szene derzeit auf dem legendären Soldatenfriedhof Arlington vor den Toren der US-Bundeshauptstadt Washington. Vor ein paar Jahren waren es noch zehn bis 15 Beerdigungen am Tag. Und das bringt ein großes Problem mit sich: In Arlington geht nämlich langsam der Platz für Gräber aus. Mehr als 300.000 Menschen sind bereits auf dem Soldatenfriedhof bestattet. Nach dem derzeitigen Stand der täglichen Beerdigungen wäre der insgesamt zweieinhalb Quadratkilometer große Friedhof etwa um das Jahr 2025 herum voll.Einer der Gründe für die vielen Bestattungen sind die Kriege im Irak und in Afghanistan. Im Dienst gefallene Soldaten können auf dem prestigeträchtigen Friedhof, auf dem auch Ex-Präsident John F. Kennedy bestattet ist, beigesetzt werden. Viele Familien nehmen diese Möglichkeit in Anspruch, auch wenn sie hunderte Kilometer entfernt wohnen. Andererseits sterben auch immer mehr Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg. US-weit sind es laut Statistik 1000 pro Tag. Sie haben ebenfalls Anspruch auf Gräber in Arlington.

„Auf drei Wochen ausgebucht“

Das stellt die Friedhofsverwaltung vor einige Herausforderungen. Die Ehrengarde ist an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. „Mehr Begräbnisse, als wir derzeit pro Tag haben, sind nicht zu bewältigen“, erklärt eine Mitarbeiterin. „Wir haben nicht genug Trompeter.“ Die Konsequenz daraus: „Wir sind drei Wochen im Vorhinein ausgebucht“, sagt John Metzler, Direktor des Friedhofs. Angehörige müssen sich gedulden oder auf die militärischen Ehren mit Salutschüssen und Trompeter verzichten. „Eine Bestattung allein können wir jederzeit bewältigen, aber nicht das militärische Drumherum.“Das Platzproblem sorgte in der Bundeshauptstadt für größere Sorgen. Der Friedhof ist von Straßen, einem Wohngebiet und einem Armeestützpunkt umrahmt, für Vergrößerung blieb damit nur wenig Spielraum. Nach monatelangen Verhandlungen hat man sich jetzt mit dem Pentagon geeinigt, das 161.000 Quadratmeter an die Friedhofsverwaltung abtritt. Damit werde man bis 2060 das Auslangen finden, glaubt eine Sprecherin.

Strenge Regeln

Die Vorschriften, wer und vor allem wie jemand auf dem Soldatenfriedhof beigesetzt werden kann, sind streng. Nur Soldaten, die im aktiven Dienst starben oder 20 Jahre lang im Militär gedient haben, sowie ehemalige Präsidenten der Vereinigten Staaten können in Arlington beerdigt werden. Seit einigen Jahren dürfen auch die Ehepartner später im selben Grab bestattet werden.

Die militärische Zeremonie bei der Beerdigung richtet sich nach dem militärischen Rang: Von den üblichen drei Salutschüssen über 21 Kanonenschüsse für einen verstorbenen Präsidenten bis zum Überflug mit Abfangjägern für einen hohen Offizier der Air Force.

AUF EINEN BLICK

Der Soldatenfriedhof in Arlington bei Washington besteht seit dem amerikanischen Bürgerkrieg. Derzeit sind dort rund 300.000 Soldaten bestattet. Wegen der vielen Todesfälle im Irak und in Afghanistan sowie unter den Veteranen des Zweiten Weltkriegs droht bis 2025 der Raum für Gräber auszugehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2007)

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