Schulschwänzer: Burgstaller will Familienbeihilfe sperren

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Schulschwaenzer Burgstaller will FamilienbeihilfeAPA (Neumayr)
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Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller widerspricht der Regierung, die sich auf eine Strafe von 440 Euro für Schulschwänzer geeinigt hat. In Tirol setzt man auf Info-SMS an Eltern.

[Salzburg/Innsbruck] Schwänzt das Kind die Schule, soll die Ausbezahlung der Familienbeihilfe gestoppt werden, so die Forderung der Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ). Erst wenn die Eltern dafür sorgen, dass ihr Kind wieder in die Schule geht, soll das Geld nachbezahlt werden. Burgstaller präsentiert damit einen Gegenvorschlag zu jenem Modell, auf das sich die Regierung vergangene Woche geeinigt hat und das am Dienstag den Ministerrat passieren sollte.
Die bereits ausverhandelte Neuregelung, auf die sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz geeinigt haben, sieht einen Vierstufenplan mit Strafen von bis zu 440 Euro vor. Das entspricht einer Verdopplung der bislang geltenden Strafe von 220 Euro. Den Stufenplan sollen Schüler durchlaufen, die entweder fünf Schultage oder 30 Schulstunden in einem Semester oder drei aufeinanderfolgende Schultage unentschuldigt gefehlt haben.

Der Vierstufenplan sieht Folgendes vor: Auf einer ersten Stufe wird es verpflichtende Gespräche zwischen Schülern, Eltern und Lehrern geben. Hilft das nichts, werden Schulpsychologen und Sozialarbeiter tätig. Schwänzt der Schüler dennoch weiter, so wird auf einer dritten Stufe die Schulaufsicht hinzugezogen. Wirkt auch das nicht, zeigt die Schulleitung die Schulschwänzer bzw. ihre Erziehungsberechtigten an. Das kann eine Strafe von bis zu 440 Euro zur Folge haben.

Einbehaltung erzeugt mehr Druck

Burgstaller hält ihren Vorschlag – ein Einbehalten der Familienbeihilfe – für effektiver. Gestoppt sollte die Auszahlung dann werden, wenn Eltern nicht kooperieren und kein Interesse daran zeigen, das eigene schulschwänzende Kind zum Schulbesuch zu motivieren. Die Familienbeihilfe (ab einem Alter von zehn Jahren sind das 130,9 Euro pro Kind) soll in einem derartigen Fall so lange einbehalten werden, bis Besserung eintritt, heißt es aus dem Büro Burgstallers. Als Kritik an Parteikollegin und Bildungsministerin Claudia Schmied will Burgstaller ihren Vorschlag nicht verstanden wissen. Strafen seien als letztes Mittel durchaus legitim. Mit der Einbehaltung der Familienbeihilfe könne auf die Eltern aber mehr Druck ausgeübt werden.

Burgstaller ist nicht die erste Sozialdemokratin, die vorschlägt, die Ausbezahlung der Familienbeihilfe für Schulschwänzer zu stoppen. In Deutschland sorgte vergangenen Herbst genau diese Forderung eines SPD-Politikers für Diskussionen. Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister im Berliner Stadtteil Neukölln, bezeichnete das Kindergeld als Teil eines Vertrags zwischen den Eltern und der Gesellschaft. Ein Vertragsbruch müsse demnach Sanktionen zur Folge haben. Das sorgte für Kritik – auch in der SPD.
Genaue Zahlen dazu, wie viele Kinder und Jugendliche die Schule schwänzen, gibt es in Österreich nicht. Einzig die Anzahl der Anzeigen wegen Verletzung der Schulpflicht liegen vor. Allein in Wien gab es im Jahr 2011 rund 1160. Zu einem Strafbescheid führte aber nur rund ein Drittel. Die Stadt Wien hat im vergangenen März einen eigenen „Schulschwänz-Beauftragten“ eingesetzt. Dieser soll nicht nur bestehende Hilfsangebote koordinieren und Eltern sowie Lehrer im Umgang mit Schulschwänzern beraten, sondern auch für eine bessere Datenlage sorgen.

Tirol: SMS an Eltern von Schulschwänzern

In Tirol setzt die Behörde beim Thema Schulschwänzen auf eine bessere Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus. Ab kommendem Schuljahr soll es ein Projekt geben, bei dem Eltern per SMS über das Fehlen ihrer Kinder informiert werden. Die „Info-SMS“ wird derzeit bereits an zwei Neuen Mittelschulen in Wörgl getestet, künftig soll das SMS-Service auch an allen 32 Polytechnischen Schulen in Tirol eingesetzt werden.
Die SMS und E-Mails sollen in verschiedenen Sprachen verfasst werden, damit Eltern, die nicht Deutsch sprechen, erreicht werden. Durch den verbesserten Informationsaustausch erwartet sich die zuständige Tiroler Landesrätin, Beate Palfrader (ÖVP), weniger unentschuldigte Fehlstunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2012)

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