Am ersten Tag des Birnbacher-Prozesses haben sich alle Angeklagten für nicht schuldig bekannt. Es geht um sechs Mio. Euro für ein Gutachten über die Kärntner Hypo.
Klagenfurt. Lächelnd, sonnengebräunt, aber schweigsam betrat Josef Martinz am Mittwoch kurz vor neun Uhr den Verhandlungssaal 29 im Landesgericht Klagenfurt. Kommentar zum Verfahren in der „Causa Birnbacher“ wollte er keinen abgeben. Seine ersten Worte sprach er erst kurz nach Mittag: „Nicht schuldig.“ Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Parteifreunde des Obmanns der Kärntner ÖVP waren zur Unterstützung herbeigeeilt.
Martinz wird Untreue vorgeworfen. Mit ihm auf der Anklagebank saßen die Vorstände der Kärntner Landesholding Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander sowie Steuerberater Dietrich Birnbacher. Für alle gilt die Unschuldsvermutung, alle bekannten sich nicht schuldig. Birnbacher hatte nach einem mündlichen Auftrag von Jörg Haider und Martinz das Land Kärnten beim Verkauf der Landesanteile der Hypo-Alpe-Adria-Bank an die BayernLB im Jahr 2007 „beraten“. Dafür erhielt Birnbacher ein Honorar von sechs Mio. Euro für ein Gutachten, das nur wenige Seiten umfasst (ursprünglich sollte er zwölf Mio. Euro erhalten, doch Birnbacher gewährte einen „Patriotenrabatt“).
„Dadurch ist dem Land ein Schaden von 5,7 Mio. Euro entstanden“, sagte Staatsanwalt Andreas Hödl. „Die Leistungen hat Dr.Birnbacher innerhalb nur eines Monats erbracht. Diese war nicht sechs Mio., sondern 240.000 Euro wert.“ Martinz legte er zur Last, die Vorstände der Landesholding wiederholt aufgefordert zu haben, das Honorar zu überweisen. Obwohl er und der ehemalige Landeshauptmann Jörg Haider Birnbacher ohne Wissen der Vorstände und als „Privatpersonen“ beauftragt hatten.
„Weil die BayernLB völlige Verschwiegenheit wollte, ansonsten wären sie abgesprungen“, erklärt Martinz. Die Vorstände der Landesholding als Eigentümervertreter wurden von Martinz und Haider erst nach Abschluss der Verhandlungen informiert. „Wieso diese Eile und Verschwiegenheit?“, hakt Richter Manfred Herrnhofer nach. „Es waren wohl einige Wochen Zeit“, gibt Martinz nervös zurück. „Gratuliere“, meint der Vorsitzende. Wer wann wie die Rechnung begleicht, darüber sei bei Auftragserteilung allerdings nicht gesprochen worden, so Martinz. Er würde heute wieder so handeln.
Eine „megakomplexe Leistung“
Richard Soyer, Anwalt von Birnbacher, versuchte, seinen Mandanten als Villacher Institution in Sachen Steuer- und Wirtschaftsfragen zu porträtieren. Dieser habe eine „megamegakomplexe Leistung“ abgeliefert. Die Höhe des Honorars durch mehrere Gutachten als „angemessen” belegt.
Mit Fortdauer seines Plädoyers wurde Soyer immer energischer. Die Rückdatierung der schriftlichen Auftragserteilung im Februar 2008 um ein Jahr bezeichnet Soyer als Fehler. „Aber das ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung. Das ist keine Untreue.“
Soyer schoss sich auf die Klagenfurter Staatsanwaltschaft ein. Zweimal schon seien Ermittlungsverfahren in der gleichen Causa eingestellt worden. „Das kommt einem Freispruch gleich“, so Soyer. Erst als die Staatsanwaltschaft selbst angezeigt wurde, sei Anklage erhoben worden. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte die Fortführung vorgeschlagen. „Aber nur, um ihre eigene Haut zu retten. Wir leben noch immer in einem Rechtsstaat, das geht so nicht“, betont Soyer. In der Hitze des Gefechts hat der Anwalt vergessen, für seinen Mandanten Birnbacher auf „nicht schuldig“ zu plädieren. Richter Herrnhofer weist ihn darauf hin und meint: „Wissen Sie, die Staatsanwaltschaft wird öfter angezeigt. So richtig bringt uns das nicht mehr aus der Ruhe.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2012)