Elisabeth Sobotka: Bregenz hat eine neue Intendantin

Elisabeth Sobotka Bregenz bezieht
Elisabeth Sobotka Bregenz bezieht(c) APA/Christian Jungwirth (Christian Jungwirth)
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Am Bodensee regiert ab 2015 die amtierende Grazer Opernchefin. "Die Presse" sprach mit Alfred Wopmann, Sobotkas Bregenzer Vorvorgänger, der sie als Kurator nach Graz brachte.

Eines kann man Elisabeth Sobotka nicht nachsagen: dass sie unbedachte Entscheidungen träfe. Wenn sie eine Position im Musikleben besetzt hat, dann füllt sie diese stets zur Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten und Auftraggeber aus. Selbst wenn diese Ioan Holender oder Daniel Barenboim hießen. Unter den Fittichen des Wiener Langzeitoperndirektors fungierte die 1965 geborene Wienerin acht Jahre lang als Leiterin des künstlerischen Betriebsbüros – so etwas wie das Allerheiligste eines Opernhauses und somit einer der heikelsten Jobs im Musiktheaterbereich.

Sieben Jahre währte Sobotkas Zeit an der Seite von Daniel Barenboim in der Berliner Staatsoper Unter den Linden – und weder Holender noch Barenboim war erfreut, die exzellente Mitarbeiterin zu verlieren. Nach Wien und Berlin lockte Graz – und dort ist Elisabeth Sobotka seit 2009 Opernintendantin, also erstmals allein verantwortlich für Spielplan und Spielbetrieb.

„Dass wir uns nicht geirrt haben, beweisen einige wirklich bemerkenswerte Premieren“, sagt Alfred Wopmann, Präsident des Jurorengremiums, das Elisabeth Sobotka 2008 zur Grazer Opernchefin kürte. Wopmann, Pikanterie am Rande, war über lange Jahre der erfolgreiche künstlerische Leiter der Bregenzer Festspiele. „Man könnte jetzt glauben“, sagt er, „ich hätte meine Finger im Spiel gehabt, dass Sobotka von Graz nach Bregenz wechselt. Die Wahrheit ist: Ich hatte keine Ahnung, dass sie mit Bregenz verhandelt. Und ich sehe den Wechsel auch nicht gern, denn ihre Arbeit in Graz war exzellent.“

Wopmann verweist auf viel beachtete Premieren wie jene von Wagners „Meistersingern“, mit der Sobotka gleich zum Einstand Furore machte, oder Strauss' als schwer spielbar geltende „Frau ohne Schatten“, von der man eine Neuinszenierung durch Marco Arturo Marelli erlebte, „von der sich einige Staatstheater ein Schnitzerl herunterschneiden könnten“, so Wopmann.

Gediegene Ensemblepflege in Graz

Bedeutend für das Gedeihen des Grazer Opernbetriebs sei aber nicht nur das Engagement von prägenden Regisseuren – etwa Stefan Herheim für Dvořáks „Rusalka“ oder Peter Konwitschny für Verdis „La Traviata“ mit Marlis Petersen – sondern vor allem Sobotkas Hand für Sängerbesetzungen gewesen. „Sie hat“, so Wopmann, „junge Künstler, an die sie glaubt, wirklich aufgebaut, ihnen ermöglicht, sich zu entfalten.“ Immerhin: James Rutherford, Hans Sachs und Barak der genannten Großproduktionen, hat seinen Weg zu den Bayreuther Festspielen gefunden, eine Sopranistin wie Gal James macht international Karriere.

Deshalb „bin ich nicht fröhlich“, kommentiert Wopmann, „dass Elisabeth Sobotka jetzt nach Bregenz geht.“ Immerhin, so gibt Sobotkas Bregenzer Vorvorgänger zu, sei das für die Festspiele am Bodensee eine sehr gute Entscheidung. Vor allem im Gefolge der Komödie um die Bestellung und den folgenden Rückzieher des Theater-an-der-Wien-Chefs Roland Geyer: „Wenn jemand wie Sobotka kommt, dann bedeutet das, man hat in Bregenz eingesehen, dass man ein solches Festival nicht nebenbei erledigen kann, sondern dass das ein Hauptberuf ist. Man wird die Festspiele wieder ernst nehmen!“ Das ist dem einst so erfolgreichen Bregenzer Intendanten auch in Zeiten nicht egal, da er diesbezüglich „nichts mehr mitzureden hat“. Sobotka erklärte bei ihrer Vorstellung in Bregenz jedenfalls, dass die Seebühnenproduktion das „Herz der Festspiele“ sei: „Der See muss funktionieren, damit die Festspiele funktionieren.“

In Graz wird sich Wopmann um die Sobotka-Nachfolge kümmern und freut sich, dass sich die Intendantin sehr kooperativ gezeigt hat. „Sie wird die Saison 2013/14 komplett bis in die kleinsten Besetzungsdetails planen und steht auch nach ihrem Ausscheiden (31.Dezember 2014) noch mit Rat und Tat zur Verfügung. Das heißt, wir haben die Chance, für künstlerische Kontinuität zu sorgen.“ Sobotka dreht also Graz nicht den Rücken. Sie bleibt im Amt, solange das möglich ist – und setzt ihre Politik der Verlässlichkeit fort. Sie wird bei ihrem Wechsel immerhin sechs Spielzeiten in Graz verantwortet haben. Das ist – zum Vergleich – um 50 Prozent mehr als die mittlere Halbwertszeit einer Wiener Staatsopernintendanz...

Bregenzer Festspiele

Heute, Mittwoch, werden die 67.Festspiele in Bregenz von Bundespräsident Fischer eröffnet, Ministerin Schmied hält die Festrede. Am Abend hat die Oper „Solaris“ (nach Stanislaw Lem) Premiere im Festspielhaus.
Intendant David Pountney hat seinen Vertrag nach dem Rückzieher seines designierten Nachfolgers, Roland Geyer, verlängert. 2015 folgt ihm Elisabeth Sobotka.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2012)

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