Die Freiheitlichen galten in Wien bisher als schlagkräftige Autofahrerpartei. Nun haben sie sich das politisch heißeste Thema der Stadt aus der Hand nehmen lassen - wegen Mobilisierungsproblemen.
Weil die ÖVP zu schwach ist.“ Mit großzügig ausgestattetem Selbstvertrauen (und jeder Menge Spott für die Wiener VP) trat der Wiener Statthalter von FP-Chef Heinz-Christian Strache, Klubchef Johann Gudenus, am 23. Mai vor die Medien. Man werde nun ebenfalls Unterschriften gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung sammeln – weil es notwendig sei, der Wiener VP unter die Arme zu greifen. Die schaffe das eben nicht alleine, wurde transportiert.
Das Lächeln ist Gudenus vergangen. Denn als die Unterschriften an Bürgermeister Michael Häupl übergeben wurden, sah es für die FPÖ bitter aus. 120.000 hatte die „schwache“ ÖVP gesammelt. Die FPÖ kam auf magere 25.000 Unterschriften. Das sind rund 20 Prozent des ÖVP-Ergebnisses. Das wirft, im Vorfeld der Nationalratswahl 2013, eine zentrale Frage auf: Wie kampagnenfähig ist die Stadtpartei, deren Wiener Obmann noch immer Heinz-Christian Strache heißt, derzeit? Immerhin ist die Partei nicht nur das Rückgrat der österreichischen FPÖ, sondern in Wien auch die deklarierte Autofahrerpartei. Und nun hat sich die FPÖ das brennendste Thema ausgerechnet von der zuletzt schwächelnden ÖVP aus der Hand nehmen lassen.
Versagen am Stammtisch. Offiziell wird der Fehlstart beim Sammeln von Unterschriften so begründet: Die Werbebroschüre der Partei, die in unregelmäßigen Abständen an Wiener Haushalte geht, sei bereits fertig gewesen. Sie hätte kurzfristig geändert werden müssen, um für Unterschriften gegen das Parkpickerl zu werben. Das habe Zeit gekostet, weshalb man „ein bis zwei“ Wochen Rückstand auf die ÖVP gehabt habe. Warum nicht sofort mit dem Sammeln von Unterschriften an Stammtischen und auf der Straße begonnen wurde, bleibt unbeantwortet.
Inoffiziell gibt es kritische Töne: „Natürlich haben wir das verschlafen“, ist in FP-Kreisen zu hören: „Es sind einige sehr unzufrieden, dass die Mobilisierung nicht funktioniert hat.“ Aber wenn man nicht rechtzeitig auf die Straße gehe, habe das Konsequenzen. Wobei parteiintern die Schuld nicht (nur) bei Gudenus gesucht wird: „Das haben alle verschlafen.“
Nun versucht die FPÖ Schadensbegrenzung: Es werden weiter Unterschriften gegen das Parkpickerl gesammelt. Das ist zwar sinnlos, verschönert aber die Bilanz etwas. Denn die Entscheidung ist längst gefallen.
Punkten könnte Strache noch mit einem Erfolg beim Höchstgericht – wo eine Volksbefragung über die Ausweitung der Pickerlzonen erzwungen werden soll. Aber auch das hat zuvor bereits die Wiener VP angekündigt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2012)