Schlecker-Investor Rudolf Haberleitner träumt von einem Revival des früheren Kaufmanns. Ein Handelsexperte hat große Zweifel und rechnet damit, dass Filialen verschwinden werden.
Der Schlecker-Investor Rudolf Haberleitner ist von einem erfolgreichen Neustart der von ihm übernommenen Dorgeriemarktkette Schlecker überzeugt. Er will den Schlecker-Nachfolger „daily" mit einem nach eigenen Angaben in Europa einzigartigen, völlig neuen Nahversorgerkonzept in den Kampf mit den großen Lebensmittelhändlern und Drogeriefilialisten schicken. Neben dem bisherigen Drogeriesortiment sollen Lebensmittel, Zeitschriften und umfassende Dienstleistungen angeboten werden. Haberleitner denkt dabei an eine Putzerei, einen Copyshop und auch an eine Postpartnerschaft. „Die Leute sollen bei uns Sachen machen, die sie zu Hause nicht können", so der neue Eigentümer. Er spricht von einem Revival des früheren Kaufmanns, wo die persönliche Betreuung des Kunden im Vordergrund stand.
Überraschend kommt für viele Experten, dass Haberleitner alle 900 Standorte in Österreich erhalten und auch den 3000 Schlecker-Mitarbeiterinnen weiterhin eine Beschäftigung bieten will . Denn das österreichische Unternehmen war für ihn immer gut geführt. Den Grund für die Misere sieht er im fehlenden Handlungsspielraum eines patriachalisch geführten Betriebes.
Zuviele Geschäfte in Österreich
Handelsexperte Peter Schnedlitz von der Wiener Wirtschaftsuni hingegen hegt große Zweifel an der erfolgreichen Umsetzung der Haberleitner-Pläne. In Österreich gebe es viel zu viele Geschäfte, vor allem die Lebensmittelbranche sei „overstored", so Schnedlitz. So könne er sich nicht vorstellen, wo Platz für diesen neuen Geschäftstyp mit Nahversorgerfunktion sein solle.
Am meisten überrascht ist der Handelskenner, dass Haberleitner alle 900 Standorte weiter betreiben möchte. Denn Schlecker ist derzeit an Standorten, die oftmals von etablierten Filialisten aufgegeben wurden, sei es weil das Einzugsgebiet zu gering oder die Geschäftsfläche zu klein war. Aber gerade diese beiden Faktoren hält der Handelsvorstand der WU für ein erfolgreiches Handelskonzept für unabdingbar. 500 Standorte halte er für eine wohlfundierte Nahversorgerfunktion für möglich. Für Schnedlitz ist eine 1:1 Lösung unrealistisch, ein Schnitt unausweichlich. Geschäftsflächen unter 250 Quadratmeter wie in vielen Schlecker-Filialen werfen bei einem geringen Umsatz zu wenig ab. „Da ist dann betriebswirtschaftlich betrachtet das Ende der Fahnenstange erreicht", führt Schnedlitz im Interview im Ö1-Morgenjournal weiter aus. Denn in zahlreichen Filialen werde sich der wenige Umsatz auf den zu kleinen Flächen nicht einmal für einen Arbeitsplatz rechnen.
Die von Haberleitner geforderte Mietreduktion sei kostenmäßig nicht wirklich relevant. Mietkosten von zwei bis vier Prozent vom Umsatz können nicht das Hauptproblem sein, sagt Schnedlitz. Und 20 Prozent von zwei Prozent bringe nicht wirklich viel, so Schnedlitz. Für ihn könne diese Forderung auch eine taktische Maßnahme sein, um bei Nichteinwilligung der Vermieter Filialen dann doch aufzugeben. Denn alle Filialen werden nicht zu halten sein, ist der Handelsexperte überzeugt.