Geschenkter Grund könnte teurer werden

Grunderwerb koennte teurer werden
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Der Verfassungsgerichtshof leitet eine Prüfung zur Grunderwerbssteuer ein. Fallen die Einheitswerte, könnte sich die Steuer auf geschenkten Grund verzehnfachen.

Immer wieder muss der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Steuergesetze kippen, weil sie unfair sind. Speziell die veralteten, aber oft zur Steuerbemessung herangezogenen Einheitswerte bei Grundstücken sorgen dafür, dass die Höchstrichter eingreifen. So wurden von ihnen in der Vergangenheit bereits die Schenkungs- und Erbschaftssteuer, die Stiftungseingangssteuer oder die Eintragungsgebühr in das Grundbuch für rechtswidrig erklärt.

Nun könnte es auch die Grunderwerbssteuer erwischen. In einer der „Presse" vorliegenden Entscheidung fasste der VfGH nämlich einen formellen Prüfungsbeschluss zu dieser Steuer. Konkret richtet sich der Beschluss gegen § 6 des Gesetzes, der an die Einheitswerte anknüpft. Im Rahmen des Prüfungsverfahrens wird das Gericht nun entscheiden, ob die Bemessungsregeln für den unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken (Schenkung, Erbe) gekippt werden. Anlass für das Verfahren ist eine anhängige Beschwerde aus Wien.

Die Grunderwerbssteuer wird grundsätzlich von der Gegenleistung bemessen, also zum Beispiel vom Kaufpreis. Bei einem Tausch von Grundstücken ist der Verkehrswert (also der echte Wert) des anderen Grundstücks relevant. Wenn es aber wie bei Schenkung oder Erbe keine Gegenleistung gibt, errechnet sich die Steuer aus den Einheitswerten. Diese wurden jedoch vor Jahrzehnten festgestellt und nicht mehr aktualisiert. Und sie nehmen nicht auf regionale Besonderheiten Rücksicht.

Rechtfertigung dürfte fehlen

Der VfGH (B 35/12-10) hegt nun offene Bedenken, dass es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, die Grunderwerbssteuer auf derart unterschiedliche Weisen zu berechnen. Zwar gesteht das Höchstgericht dem Gesetzgeber ausdrücklich zu, unentgeltlichen und entgeltlichen Erwerb von Grundstücken steuerrechtlich anders zu behandeln, solange die Lösung sachlich bleibt. Doch „die Anknüpfung an die Einheitswerte scheint nicht geeignet, diesem Anliegen Rechnung zu tragen", meint der VfGH. Im Prüfungsverfahren will das Gericht nun noch klären, ob die geltenden Regeln vielleicht aber dadurch gerechtfertigt sind, dass „die Anknüpfung an die Einheitswerte offensichtlich im Interesse der Verwaltungsökonomie liegt".

Was wäre nun die Konsequenz, wenn der VfGH ernst macht und den strittigen Paragrafen aufhebt? Dann müsste die Grunderwerbssteuer auch bei unentgeltlichem Erwerb vom Verkehrswert berechnet werden, erklärt Werner Doralt, Finanzrechtsprofessor in Wien. Das würde aber dazu führen, dass die Steuer bei geschenktem Grund bis zu zehnmal so hoch werden kann wie bisher. Und man müsse „ernsthaft" damit rechnen, dass der VfGH die Steuer kippt, analysiert Doralt.

Der Politik stünde es dann zwar frei, eine günstigere, aber verfassungskonforme Regelung für den Grunderwerb bei Schenkungen oder Erbschaften zu finden. Dafür muss sich die Koalition aber erst einigen - und dies ist bei heiklen, steuerrechtlichen Fragen alles andere als sicher. So konnten sich SPÖ und ÖVP nach der Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer durch den VfGH 2008 nicht auf eine neue Regelung einigen. In diesem Fall lief die Steuer aus.

Kein Nutzen für Antragsteller

Detail am Rande: Der Beschwerdeführer, der den Fall zum VfGH gebracht hat, wird aus einer Aufhebung der Norm kein Kapital schlagen können. Ihm droht dann sogar eine viel höhere Steuer. Der Beschwerdeführer kann dem aber zum Beispiel dadurch entkommen, dass er seinen Antrag noch rechtzeitig zurückzieht. Sein Verfahren ist ohnedies so lange ruhend gestellt, bis der VfGH über das Gesetz entschieden hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2012)

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