"Brudertausch" ist vollzogen

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Kurt Scheuch (FPK) ist als Vizelandeshauptmann gewählt, die SPÖ stimmte nicht mit. Es folgte der Neuwahl-Poker bei Landeschef Dörfler.

Wien/Klagenfurt/Pö. Im Kärntner Landtag war am Dienstag alles anders und doch irgendwie gleich: Auf Uwe Scheuch folgte als Landeshauptmannstellvertreter der FPK sein älterer Bruder Kurt. Gewählt wurde er mit den 17 Stimmen der Kärntner Freiheitlichen (FPK) sowie mit einer der sechs Stimmen der ÖVP, so die Vermutung: Die Abstimmung in einer Sondersitzung des Landtags erfolgte geheim.

Die beiden Grünen hatten bereits im Vorfeld ihren Unmut über den „Brudertausch“ erklärt, ebenso die elf SPÖ-Abgeordneten, die aus Protest auf ihren Plätzen blieben statt wählen zu gehen. Bisher war Kurt Scheuch Klubchef der FPK, als solcher beerbte ihn der Abgeordnete Gernot Darmann. Das Mandat Scheuchs übernahm Kirchbachs Bürgermeister Hermann Jantschgi.

In der Landesregierung ist Kurt Scheuch nun, so wie davor sein Bruder Uwe, unter anderem für Jugend, Naturschutz, Raumordnung und Jagd zuständig. Nicht von Uwe übernommen hat er die Zuständigkeit für die Bildung, ausgenommen die Berufsschulen. Für den Großteil der Bildung ist jetzt Landesrat Christian Ragger (FPK) zuständig, der dafür etwa die Jugendförderung an Kurt Scheuch abtrat. Das wurde am Dienstag in einer außerordentlichen Regierungssitzung beschlossen, die Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) leitete. Er gratulierte Kurt Scheuch überschwänglich zum neuen Amt. In den anderen Fraktionen war die Empörung groß, dass Uwe – unter dem Eindruck des Birnbacher-Prozesses (siehe Seite 2) – zuletzt sein Amt als Vizelandeshauptmann ebenso wie den FPK-Vorsitz einfach an seinen Bruder Kurt abgetreten hat.

Neuer FPK-Boykott im Landtag

Für Unmut sorgten die FPK-Abgeordneten auch damit, dass sie die Sondersitzung des Landtags verließen, sobald Kurt Scheuch bestellt war – „um ihm zu gratulieren“, wie sie sagten. In Wahrheit boykottierten sie mit dem Auszug aber den bereits dritten Antrag auf Neuwahlen, den SPÖ, ÖVP und Grüne eingebracht hatten. Weil mit den FPK-Mandataren 17 aller 36 Abgeordneten fehlten, mangelte es auch an der nötigen Zweidrittelmehrheit, um darüber abzustimmen.

Damit waren die Vorzeichen für die Parteiengespräche mit Landeschef Dörfler ungünstig, die um 16 Uhr starteten und zu Redaktionsschluss noch liefen. Dabei wollten alle Fraktionen einen Termin für vorgezogene Wahlen finden. SPÖ, ÖVP und Grüne wollen den Landtag infolge des Falls Birnbacher möglichst bald im Herbst neu wählen, die FPK sprach zuletzt lieber von Frühjahr 2013.

Verstärkt wurden die Spannungen durch die Aufhebung der Immunität von SPÖ-Klubchef Reinhart Rohr im Verfassungsausschuss: Die FPK-Fraktion verdächtigt ihn im Zusammenhang mit der parteieigenen Werbeagentur „Top Team“ der Untreue. Die SPÖ weist die Vorwürfe zurück, unterstützt aber die Aufhebung der Immunität, die im Plenum bestätigt werden muss, ehe die Ermittlungen der Justiz beginnen können. Dann werde sich alles klären, so die SPÖ-Linie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2012)

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