Ein DNA-Vergleich brachte traurige Gewissheit: Die Leiche, die am Donnerstag in einem Wald in Niederösterreich gefunden wurde, ist jene des Anwalts Erich Rebasso.
Wien/Moskau. Entweder der Wiener Wirtschaftsanwalt Erich Rebasso ist mit bloßen Händen erwürgt worden. Oder er wurde erdrosselt. Dies sind die sehr wahrscheinlichen Todesursachen – laut der Obduktion. Wie berichtet, war der Leichnam des 48-Jährigen am Donnerstag von einem Jäger in einem Wald bei Königstetten in Niederösterreich nahe Wien gefunden worden. Und damit nahe dem Wohnort des Opfers.
Ein DNA-Test lieferte am Freitag das befürchtete Ergebnis: Die schon im Verwesungszustand befindliche Leiche ist jene des seit drei Wochen abgängigen Advokaten. Der Todeszeitpunkt sei laut Polizei nicht mehr genau zu eruieren. Man könne aber annehmen, dass Rebasso gleich nach der Entführung aus der Tiefgarage am Georg-Coch-Platz in der Wiener Innenstadt am 27. Juli oder möglicherweise sogar noch in der Garage getötet wurde. Der Jurist ging gerade zu seinem Auto, als er von zwei Männern attackiert wurde. Einige Tage nach dem Angriff wurde Rebassos Mercedes auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums gefunden, danach auch ein Leihwagen, der offenbar eigens für die Entführung gemietet worden war. In beiden Fahrzeugen fanden sich Blutspuren von Rebasso.
Die beiden Tatverdächtigen, ein 31-jähriger und ein 35-jähriger Mann, laut Polizei beide aus einem Dorf „weit außerhalb von Moskau“, dürften bereits vor der Entführung gewusst haben, wo Rebasso wohnte. „Im Haus des Anwaltes waren sie aber nicht“, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Auch ein Auftragsmord sei auszuschließen.
U-Haft für das verdächtige Duo
Die beiden in Moskau inhaftierten Verdächtigen (Rebasso hatte etliche Klienten aus Russland) wurden am Freitag ins gerichtliche Gefangenenhaus der Stadt überstellt. U-Haft wurde verhängt. Das Duo dürfte vor Jahren bei einem Pyramidenspiel mitgemacht haben. Beide Männer dürften jeweils Summen zwischen 50.000 und 60.000 Euro verloren – und dafür Rebasso verantwortlich gemacht haben. Der Anwalt hatte immer beteuert, mit den Betrügereien nichts zu tun zu haben. Er erstattete sogar Selbstanzeige. Das daraufhin begonnene Verfahren wurde eingestellt. Möglicherweise hatten die Männer vor, das verlorene Geld bei Rebasso zu stehlen, ehe sie den Juristen töteten; möglicherweise vergruben sie den Leichnam nur deshalb in dem Wald bei Königstetten, weil sie die Gegend kannten und schon auf dem Weg zu Rebassos Haus waren, um dort irgendwie an Geld zu kommen.
Wie geht es mit den beiden dringend Tatverdächtigen nun weiter? „Eine Auslieferung russischer Staatsangehöriger aus Russland ist ausgeschlossen.“ Dies teilte am Freitag die Sprecherin des Justizministeriums, Dagmar Albegger, auf „Presse“-Anfrage mit. Artikel 6 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13.Dezember 1957 sieht vor, dass jeder Vertragsstaat die Auslieferung eigener Staatsbürger ablehnen kann. Russland hat zudem die Erklärung abgegeben, dass Artikel 61 (Teil I) der russischen Verfassung eine Auslieferung eigener Staatsangehöriger verbietet.
Wird gegen die Verdächtigen, so sich die Vorwürfe erhärten, in Russland – gegebenenfalls in Moskau – ein Strafverfahren geführt? Kurze Antwort: Ja. Geht es nach dem Auslieferungsübereinkommen, hat Russland bei einem Nein zu einem allfälligen Auslieferungsersuchen Österreichs „auf Begehren des ersuchenden Staates die Angelegenheit den zuständigen Behörden zu unterbreiten, damit gegebenenfalls eine gerichtliche Verfolgung durchgeführt werden kann.“ Weiter: „Dem ersuchenden Staat ist mitzuteilen, inwieweit seinem Begehren Folge gegeben worden ist.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2012)