Ausschreitungen bei Protest gegen Dutroux-Komplizin

Ausschreitungen
Ausschreitungen(c) REUTERS (LAURENT DUBRULE)
  • Drucken

Die frühere Frau und Komlizin des Kindermörders Dutroux wurde vorzeitig freigelassen. Dagegen mehren sich die Proteste.

Bei Protesten gegen die vorzeitige Freilassung der Ex-Frau von Kinderschänder Marc Dutroux ist es am Samstag in Belgien zu Ausschreitungen gekommen. Einige Demonstranten warfen Steine und rissen Absperrungen der Polizei in Malonne bei Namur um. Die Beamten setzten Gummiknüppel und Pfefferspray ein, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Zwei Menschen wurden vorläufig festgenommen.

Die Demonstration hatte friedlich begonnen. Etwa 100 Menschen, die aus verschiedenen Teilen Belgiens gekommen waren, versammelten sich vor dem Nonnenkloster, wo Michelle Martin seit Wochenbeginn lebt. Die Polizei, die das Ordenshaus schützt, verstärkte ihre Präsenz. Üblicherweise sind 15 Polizisten dort Tag und Nacht im Einsatz.

Am Ende der Veranstaltung griffen einige Extremisten die Beamten an. Ein Mann, der später festgenommen wurde, grub ein Verkehrsschild aus und wollte es auf die Sicherheitskräfte werfen.

Als Martin am Dienstagabend nach ihrer Freilassung in dem Ardennen-Ort angekommen war, hatten bereits rund 50 erboste Bürger vor dem Kloster protestiert. Martin war als Komplizin Dutroux' zu 30 Jahren verurteilt worden, von denen sie 16 abgesessen hat. Ihr weiterhin inhaftierter Ex-Ehemann ist der bekannteste und am meisten gefürchtete Verbrecher des Königreichs - er hatte in den 1990er Jahren sechs Mädchen entführt und gefoltert, vier von ihnen starben.

Angesichts der heftigen Kritik an der Freilassung von Michelle Martin hat die belgische Regierung eine Verschärfung der Strafgesetze angekündigt. Ministerpräsident Elio Di Rupo sagte mehreren belgischen Zeitungen vom Samstag, er wolle gegen "Straffreiheit" für Verbrecher vorgehen. "Unser Ziel muss sein: Nein zur Straffreiheit", sagte Di Rupo. "Wir müssen eine ganze Reihe eingeleiteter Reformen im Justizwesen weiterverfolgen sowie Reformen im Bereich Polizeiwesen."

Di Rupo zufolge ist eine Verschärfung der Regeln für vorzeitige Haftentlassungen unter Auflagen bereits in Vorbereitung. Demnach soll beispielsweise jeder, der zu einer 30-jährigen Haftstrafe verurteilt ist, mindestens drei Viertel davon im Gefängnis verbüßen. Außerdem kündigte der Regierungschef die Einstellung Hunderter weiterer Polizisten an.

Michelle Martin war 1996 zusammen mit dem Pädophilen Dutroux festgenommen und im Jahr 2004 zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Im Juli gab ein Gericht in Mons jedoch ihrem Antrag auf vorzeitige Entlassung aus der Haft statt. Diese in Belgien höchst umstrittene Entscheidung wurde am Dienstag vom Kassationsgericht bestätigt.

Die 52-Jährige unterliegt nach ihrer Freilassung strengen Auflagen. So muss sie in einem Kloster im südbelgischen Malonne leben, wo sie am Dienstag eintraf. Sie darf sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen.

Martin hatte ihren damaligen Ehemann bei seinen Gräueltaten gegen Mädchen unterstützt. Ihr wurde vor allem vorgeworfen, dass sie zwei der verschleppten Mädchen in einem Kellerverlies verhungern ließ. Die ehemalige Lehrerin, selbst Mutter dreier Kinder von Dutroux, versperrte eigenhändig die Tür, hinter der die beiden achtjährigen Mädchen qualvoll starben, wie sie im Prozess aussagte. Der grausame Fall Dutroux und das damit verbundene Versagen von Polizei und Justiz hatten Belgien in den 1990er Jahren zutiefst erschüttert.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BELGIUM JUSTICE MICHELLE MARTIN COURT OF CASSATION
Weltjournal

Belgien: Kindermörder Dutroux will vorzeitig freikommen

Erst kam Ex-Frau auf freien Fuß, nun will auch der 55-Jährige vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Juristen schließen eine baldige Freilassung aus.
Weltjournal

Belgien: Komplizin von Kindermörder ist frei

Die frühere Ehefrau und Helferin des Kinderschänders Marc Dutroux darf frühzeitig das Gefängnis verlassen. Die 52-Jährige war 1996 zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Sie wird künftig in einem Nonnenkloster leben.
Proteste gegen eine mögliche Freilassung der Ex-Frau von Marc Dutroux.
Weltjournal

Belgien: Streit über Freilassung von Dutroux-Komplizin

Der Anwalt der Opferfamilien will notfalls vor den EuropäischenGerichtshof für Menschenrechte gehen. Die Bewachung der Ex-Frau von Dutroux in einem Kloster würde 30 Polizisten erfordern.
Archivbild
Weltjournal

Belgien: Dutroux-Gehilfin geht nach 16 Jahren Haft ins Kloster

Viele Belgier verstehen die Welt nicht mehr: Michelle Martin, die Exfrau des Mädchenmörders Marc Dutroux, wird vorzeitig aus der Haft entlassen. Die heute 52-Jährige hat die Hälfte ihrer Haftstrafe abgesessen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.