Wenn der ÖVP-Chef lustig sein will, sorgt das für eine Krise

Wenn oeVPChef lustig sein
Wenn oeVPChef lustig sein(c) Dapd (Hans Punz)
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Seit Frank Stronach meinte, er gehe gern auf das Angebot von Michael Spindelegger ein und kaufe die ÖBB, gehen in Österreichs Innenpolitik die Wogen hoch.

Es war als kleiner Gag gedacht, den Michael Spindelegger in den ORF-„Sommergesprächen“ machen sollte: Weil sich Frank Stronach in der Vergangenheit einmal für den Kauf der ÖBB interessiert hatte, schlugen Berater dem ÖVP-Chef vor, genau das zu thematisieren: Wenn Stronach dem Land wirklich dienen wolle, solle er doch die budgetbelastende Bundesbahn kaufen.

So weit, so skurril. Noch skurriler wurde es aber, als Stronach in einem Mail aus Kanada meinte, er nehme das Angebot gern an. Dem Vizekanzler blieb also nichts anderes übrig, als seinen vermeintlichen Gag jetzt selbst ernst zu nehmen und am Freitag im „Morgenjournal“ für Gespräche mit Stronach einzutreten.

Kriege sind schon geführt worden, weil jemand einen Witz falsch verstanden hat. So weit ist es zwar noch nicht, die Idee sorgt aber für eine heftige innenpolitische Debatte. Von Verkehrsministerin Doris Bures über ÖBB-Chef Christian Kern bis hin zum Verkehrsexperten Sebastian Kummer erklärten viele sehr ernsthaft, warum die ÖBB nicht verkauft werden können.

Der Infrastrukturbereich eigne sich beispielsweise „überhaupt nicht für eine Privatisierung“, meinte Kummer. Kern verwies darauf, dass man auf einem sehr erfolgreichen Gesundungskurs sei „und ein Jahr früher als angekündigt, nämlich heuer, schwarze Zahlen schreiben“ werde.

ÖBB-Betriebsratsvorsitzender Roman Hebenstreit mahnte die ÖVP, doch an die öffentlichen Aufgaben der Bahn zu denken: „Wir bringen die Leute jeden Tag in die Arbeit, in die Schule, in den Urlaub oder ins Krankenhaus.“ Nicht immer pünktlich, aber bitte. Neu ist auf jeden Fall, dass Krankenhäuser Bahnhöfe haben.

Nur Josef Ackerl bedachte die Diskussion mit der gebührenden Aussendung: Er glaube ja, meinte der oberösterreichische SPÖ-Chef, dass Spindelegger Stronach nicht die ÖBB verkaufen wollte, sondern vielmehr die ÖVP. So falsch liegt Ackerl damit vielleicht gar nicht: Welcher Parteichef möchte solche Parteifreunde nicht los sein? Hier wie da ist der Sanierungsbedarf jedenfalls enorm.

In der ÖVP verfolgt man die aufgeregte Diskussion amüsiert und freut sich über das Thema: „Die SPÖ muss erst einmal erklären, warum sie ein für den Steuerzahler teures Unternehmen nicht abtreten will, wenn es dafür einen potenziellen Käufer gibt.“

Bures versuchte es in einer Aussendung seriös und verwies auf die „Desaster“, in denen Privatisierungen der Bahn geendet hätten, etwa in Großbritannien. Und überhaupt: „Die österreichischen Bundesbahnen stehen nicht zum Verkauf.“ Mal sehen, wie der Koalitionspartner auf diese apodiktische Aussage reagiert.

Zu Missverständnissen gibt es übrigens eine peinliche Geschichte: Als die USA 1898 Krieg gegen Spanien führten, feuerte die USS Charleston Schüsse auf die spanische Garnison auf der Insel Guam. Dort wusste man noch nichts vom Ausbruch des Krieges und hielt die Schüsse für einen Salut. Ein Boot ruderte hinaus zur Charleston, um entschuldigend festzustellen, dass man den Salut leider nicht erwidern könne, weil man kein Schwarzpulver mehr für die Kanonen habe. Die Boten waren die ersten Kriegsgefangenen Guams.

Es steht jedem frei, der Charleston und den Boten österreichische Politiker gegenüberzustellen.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2012)

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