Das beste Programm für Stronach

Solange die Regierung der beste Wahlhelfer ist, überdeckt dies manche Lücke in der Stronach-Fibel. Selbst deren Vorsicht hat der Neopolitiker schon verinnerlicht.

Der imperiale Rahmen für die Präsentation von Frank Stronachs neuer Partei passte. Es hat schon ein bisschen etwas Monarchisches, wenn der Parteigründer, zugegeben ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten und Engagement in der Wirtschaft, gleich einmal dekretiert, dass es sich dabei um einen Tag handle, der in die Geschichte eingehen werde.

Immerhin kann Stronach für sich in Anspruch nehmen, dass er als 80-Jähriger schon seit der Ankündigung, als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl zu gehen, Emotionen und bei vielen echte Hoffnungen auf Änderungen in Österreich geweckt hat. Das muss ihm erst einmal jemand in ähnlicher Weise nachmachen. Denn wer in Österreich überhaupt noch Politiker sein oder werden will, steht hierzulande schließlich von vorneherein unter dem Generalverdacht, ein potenzieller Gauner zu sein, der auf Kosten der Steuerzahler eine möglichst ruhige Kugel schieben will.

Stronach tut sich mit 80 Jahren, wie ein paar andere Unverdrossene, die Politik noch an. Es ist ein bisschen primitiv, dies bloß mit dem Seitenhieb, da könne jemand mit viel Geld nicht von Macht und Einfluss lassen, der alte Herr solle endlich eine Ruhe geben, abzutun.


Wenn sich Frank Stronach aber schon auf die politische Bühne begibt, muss er sich ebenso gefallen lassen, dass er wie andere Politiker auch an seinen Leitlinien und Aussagen gemessen wird. Schließlich ist Stronach selbst auch nicht zimperlich, wenn er mit der derzeit amtierenden Regierung und den politischen Parteien ins Gericht geht.

Der Parteigründer und kraft Statuts Alleinsprecher der neuen Partei in Personalunion hat in den vergangenen Wochen freilich schon selbst die Erwartungen gedämpft und darauf vertröstet, dass ein fixes Programm erst im Frühjahr 2013 vorliegen werde. So nebenbei schreibt eben ein Selfmade-Milliardär irgendwo auf dem Weg über den Atlantik ein abgerundetes, stimmiges Parteiprogramm auch nicht zusammen. Denn die zentralen Werte Wahrheit, Transparenz und Fairness kann wohl jeder Bürger ungeschaut unterschreiben. Diese Werte würden auch an keiner Antragsprüfungskommission einer Parlamentspartei scheitern. Im Gegenteil: Sie müssten sich sogar Spott für solche Allerweltsbekenntnisse gefallen lassen.

Es ist aber irgendwie bezeichnend, dass bei den Grundsatzpositionen einer neuen Partei in Österreich sogar ein eigener Passus angeführt werden muss, dass ein ausgeglichenes Budget zu den Kernanliegen zähle. Das beweist nur, wie selbstverständlich es in Österreich längst geworden ist, das Heil im Anhäufen neuer Staatsschulden zu sehen. Egal, welcher Couleur diese Regierungen sind, inklusive selbst ernannter Wirtschaftsparteien wie der ÖVP, die seit einem Vierteljahrhundert mitregiert. Wenn das einer ausdrücklich ins Parteiprogramm schreibt, ist das schon eine kleinere Sensation.


Der Hauptvorwurf, der Stronach im Zusammenhang mit dem Programm trifft, ist, dass er schon viel zu sehr wie ein „echter“ Politiker agiert. So ist es zwar völlig richtig, aber wirklich zu wenig, eine Vereinfachung des Steuersystems zu fordern und nicht gleich dazuzusagen, welche konkreten Privilegien und Grauzonen man beseitigen will. Stronach macht es sich auch viel zu leicht, wenn er weniger Verwaltung verlangt, wenn aber offen bleibt, welche Posten oder Behörden er streichen würde, weil das Betroffene schmerzen könnte.

Am meisten fällt auf, wie schwammig gerade der Gründer einer Partei, der aus der Wirtschaft kommt und deren Bedeutung ständig hervorstreicht, bei der Bewältigung der Eurokrise bleibt. Von der bloßen Schilling-Nostalgie vor Wochen, die bestimmt etliche Anhänger hat, hat sich Stronach schon verabschiedet. Aber ein eigener Euro für jedes Land klingt nach einer Währung mit ein bisschen National- und Lokalkolorit.

Das größte Glück für Stronach ist allerdings, dass die jetzigen Regierungsparteien gleichsam das beste Wahlprogramm für ihn sind. Da wird dann dessen eigene dünne Fibel, die manche Schwachstelle hat, fürs Erste weitgehend zur Nebensache. Aber genau das sollte sie nicht sein.

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2012)

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