Vatileaks: Jurist rechnet mit Begnadigung des Butlers

Die Presse
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"Bei einem vollständigen Geständnis und ehrlicher Reue" rechnet ein Jurist des vatikanischen Gerichts mit der Begnadigung des Kammerdieners durch den Papst.

Der Jurist und Kardinal Velasio De Paolis, Mitglied des vatikanischen Kassationsgerichts, ist überzeugt, dass Benedikt XVI. seinen Ex-Kammerdiener Paolo Gabriele im begnadigen wird, sollte dieser am Ende des Prozesses wegen des Vorwurfs des schweren Diebstahls von Akten des Papstes verurteilt werden. "Bei einem vollständigen Geständnis, einer ehrlichen Reue und der absoluten Sicherheit, dass das Verbrechen nicht wieder verübt werden kann, haben die Päpste Verurteilte stets begnadigt. Diese Gesten sind von der Barmherzigkeit inspiriert, die die Essenz der Kirche ist", sagte De Paolis im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Sonntag.

De Paolis betonte, dass Johannes Paul II. 1981 seinen Attentäter Ali Agca verziehen hatte, nachdem er im Krankenhaus nach einer schweren Operation infolge des Anschlags auf dem Petersplatz erwacht war. "Das ist nicht das erste Mal, dass sich die Kirche mit heiklen Angelegenheiten, gravierenden Problemen, sogar mit Tragödien auseinandersetzt", betonte der Kardinal.

Der Jurist ist überzeugt, dass der Kammerdiener allein gehandelt habe. "Aus den Tatsachen geht hervor, dass Gabriele allein gehandelt hat und dass der mit ihm angeklagte Informatikexperte eine zweitrangige Rolle gespielt hat. Die Richter werden jedoch aufgrund von Geständnissen, Zeugnissen und Tatsachen zu ihren Schlüssen kommen. Ich persönlich denke, dass es keine Überraschungen geben wird. Alles wird geklärt werden", so der Kardinal.

Im Vatikan hatte am gestrigen Samstag der spektakuläre Prozess gegen Paolo Gabriele, begonnen. Zwei Stunden und 15 Minuten dauerte das Verfahren gegen den 46-jährigen Butler und gegen den Informatik-Experten Claudio Sciapelletti, dem Beihilfe vorgeworden wurde. Die Verhandlung wurde auf den kommenden Dienstag vertagt. Weitere Gerichtsverhandlungen sind danach täglich bis zum 6. Oktober vorgesehen. Das Verfahren könnte bereits kommende Woche zu Ende gehen. Bei der Gerichtsverhandlung am Dienstag soll Gabriele vor den Richtern aussagen.

Die Richter beschlossen die Trennung des Prozesses gegen Gabriele von jenem Sciarpellettis. Kein Termin wurde für die Fortsetzung des Verfahrens gegen den Informatik-Experten bekanntgegeben, der im Gegensatz zu Gabriele vor Gericht nicht anwesend war. Sciarpelletti wurde von seinem Anwalt vertreten und erklärte sich unschuldig. Der Rechtsanwalt begründete die Trennung des Verfahrens gegen seinen Mandanten von jedem gegen Gabriele, damit, dass die Vorwürfe gegen den Informatikexperten wesentlich gravierender als jene gegen seinen Mandanten seien.

(APA)

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