Drei Finanzexperten entscheiden über Griechenlands Schicksal

Drei Finanzexperten entscheiden ueber
Drei Finanzexperten entscheiden ueber(c) EPA (ORESTIS PANAGIOTOU)
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In wenigen Tagen werden sie ihren Bericht über Griechenlands Sparbemühungen fertigstellen. Doch wer sind diese drei Experten von IWF, EZB und EU-Kommission, wie arbeiten sie?

Athen/Wien. Sie brauchen Leibwächter. Wenn ihre Limousinen vor dem Finanzministerium in Athen eintreffen, wird die Straße gesperrt, damit das Volk nicht zu nahe kommt. Die Troika aus Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission haben Griechenland das Fürchten gelehrt. Sie kontrollieren die Regierung, mischen sich in deren Haushalt ein und geben ihr Ziele vor. In den nächsten zwei Wochen werden sie einen neuen Bericht vorlegen, der über die Auszahlung der nächsten Hilfstranche in der Höhe von 31,5 Milliarden Euro entscheidet. Zeigt ihr Daumen nach unten, ist das Land zahlungsunfähig.

Mitleid ist für die erfahrenen Finanzexperten keine Kategorie. Sie haben Erfahrungen im Sanieren von Staaten, setzen nun auch in Athen auf einen strikten Sparkurs und lassen gerne mit ungewöhnlichen Vorschlägen aufhorchen, wie etwa die Wiedereinführung der Sechstagewoche für Arbeitnehmer. Wegen ihrer dunklen Anzüge werden sie „men in black“ genannt. Die eigentliche Aufgabe des Dänen und der beiden Deutschen ist die Kontrolle der griechischen Reformen. Doch sie bemühen sich zunehmend, diese Reformen auch zu lenken. Sie fordern offen eine Änderung des Pensionssystems, die Senkung der Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherung und den radikalen Abbau von Staatsbediensteten.


Poul Mathias Thomson ist gebürtiger Däne. Der IWF-Repräsentant gilt als Hardliner mit viel Erfahrung in diesem Geschäft. Ab 2008 leitete er für den Währungsfonds die Verhandlungen mit Island und zwang dem Land harte Sanierungsmaßnahmen auf. Davor war er in ähnlichen Missionen in Serbien, Rumänien, der Ukraine und Russland tätig. Der Wirtschaftswissenschaftler arbeitet bereits seit 1987 beim IWF. Seine Reformvorstellungen sind wirtschaftsliberal. Er vertritt die Ansicht, dass Griechenland nicht weiter Steuern erhöhen dürfe, sondern den Staatsapparat radikal eindämmen und die Steuereintreibung effizienter gestalten müsse. Die Arbeitskosten, sagte er im Frühjahr bei einem Vortrag vor der London School of Economics, seien ihm um 15 Prozent zu hoch. Thomson, der von einem rund zwölfköpfigen Team aus Finanz-, Haushalts- und Bankexperten begleitet wird, wirkt stets gestresst. Gerne macht der 57-Jährige mit seiner Körperhaltung deutlich, dass ihm das Reformtempo zu langsam ist.

Klaus Masuch ist Deutscher und vertritt die EZB. Auch er hat Erfahrung mit maroden Staaten. Zuletzt war er bei der Sanierung von Irland im Einsatz. Äußerlich gibt sich der 52-Jährige gerne locker, bei Verhandlungen sei er aber bedingungslos, heißt es. Das „Handelsblatt“ berichtet von einer Verhandlungsrunde, in der er darauf beharrte, dass ein Pensionist mit 720 Euro im Monat noch immer gut lebe. Seit ihn in Irland ein Journalist intensiv darüber befragte, warum eine ganze Bevölkerung für die Verfehlungen von Investoren herhalten müsse, meidet er Medien.

Matthias Mors ist ebenfalls Deutscher. Der 48-Jährige vertritt die EU-Kommission. Mors ist Direktor in der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen, hat sich dort als volkswirtschaftlicher Experte einen Namen gemacht. Seit zwei Jahren erarbeitet er Vorschläge für eine Regulierung der Finanzmärkte. Er gilt als Sanftester in der Runde. Der Zugang des hohen EU-Beamten zu Reformen dürfte sich auch etwas von jenen seiner Kollegen unterscheiden.

Lexikon

Die Troika. Das Wort beschreibt eine dreiköpfige Führungsspitze. Seit den Hilfskrediten für Griechenland, Irland und Portugal steht der Begriff für die drei Vertreter von IWF, EZB und EU-Kommission, die eine Sanierung dieser Länder kontrollieren.

Die Weisen. In Österreicher trafen im Jahr 2000 auch drei Personen ein, die das Land kontrollierten. Damals wurden diese Personen als „Weise“ bezeichnet. Ihr Bericht zur demokratischen Lage hat die Aufhebung der diplomatischen Sanktionen der EU-14 bewirkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2012)

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