Ametsreiter: "Ich bin derjenige, der aufgeräumt hat"

PK TELEKOM AUSTRIA 'FINANZERGEBNISSE & AKTIVITAeTEN DES GESCHAeFTSJAHRES 2011': AMETSREITER
PK TELEKOM AUSTRIA 'FINANZERGEBNISSE & AKTIVITAeTEN DES GESCHAeFTSJAHRES 2011': AMETSREITERAPA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Telekom-Boss Hannes Ametsreiter über die Ermittlungen gegen ihn und warum er das Burgtheater für PR-Zwecke auch heutzutage wieder anmieten würde.

Die Vergangenheit holt Telekom-Boss Hannes Ametsreiter ein. Wie die „Presse" berichtete, wird er von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigter geführt. Was der Aufsichtsrat erst am Mittwoch erfuhr. Die Ermittlungen gegen ihn, Ex-Telekom-Boss Boris Nemsic, Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler und den Chef des SPÖ-nahen Echo-Medienhauses, Christian Pöttler, gehen dem Vorwurf der Untreue nach.

Es geht um die Anmietung des Burgtheaters durch die Telekom während der Fußball-Europameisterschaft 2008. Vermieter war Pöttler, der sich zuvor das Burgtheater gesichert hatte. Die Telekom zahlte an ihn 1,4 Mio. Euro, das Echo-Medienhaus soll jedoch nur einen Teil behalten haben. Die Justiz geht dem Verdacht nach, dass Geld an die Wiener SPÖ geflossen ist.

ÖIAG-Sprecher Bernhard Nagiller sagt dazu: „Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat es ein Gespräch zwischen Telekom-Aufsichtsratsvorsitzendem Rudolf Kemler und Ametsreiter gegeben. Ametsreiter hat im Detail dargestellt, dass die erhobenen Vorwürfe aus Sicht des Unternehmens nicht nachvollziehbar sind, er in die Anmietung des Burgtheaters persönlich nicht involviert war und die Staatsanwalt vollen Zugang zu sämtlichen Unterlagen hat." Die Telekom habe den Sachverhalt dem Aufsichtsrat am Mittwoch dargelegt. Ametsreiter nimmt im „Presse"-Interview Stellung.

Die Presse: Ihr Vertrag läuft Ende 2013 aus, jetzt steht die Verlängerung an. Ist diese angesichts der Tatsache, dass Sie von der Justiz als Beschuldigter geführt werden, realistisch?

Ametsreiter: Für mich ist das einer der spannendsten Jobs, die es überhaupt gibt. Ich habe daher Interesse, weiter zu machen. Die Entscheidung liegt bei anderen.


Sie sind zuversichtlich, dass das Interesse auch von anderer Seite besteht?

Da müssen Sie die Anderen fragen. Klar ist, dass ein Jahr vor Vertragsende, im Dezember, entschieden wird. Aber die Berichte über Strafverfahren erscheinen ja nicht zufällig jetzt. Ich glaube nicht an Zufälle.


Die Justiz ermittelt gegen Sie seit rund zwei Monaten in der Causa Burgtheater. Das soll eine Intrige sein?

In zwei Fällen wurden Ermittlungen gegen mich schon eingestellt. Ich werde von feigen, anonymen Personen beschuldigt. Das soll mich klarerweise treffen. Ich stelle mich dem. So wie an den früheren Anzeigen ist auch an der aktuellen nichts dran. Das Ganze wird sich in Wohlgefallen auflösen.

Wer soll sich an Ihnen rächen wollen?

Ich bin Manager und kein Prophet. Ich will nicht mutmaßen.

An der Burgtheater-Sache ist nichts dran?

Ich war weder in die Verhandlungen involviert noch habe ich den Vertrag unterschrieben. Ich habe mit der UEFA die Übertragung ausverhandelt.

Als Marketingvorstand hatten Sie doch die Letztverantwortung?

Sicher.

Hätten Sie nicht stutzig werden müssen, dass die Anmietung über das SPÖ-nahe Echo-Medienhaus läuft?

Laut Vertrag hatte das Echo-Medienhaus das Exklusivrecht, das Burgtheater zu vermieten. Da müssen Sie entscheiden, ob Sie das machen und was Ihnen das wert ist. Aus heutiger Sicht war das ein großer Erfolg. Bei der UEFA wird unser Konzept als bestes Marketingkonzept der Welt geführt.

Würden Sie aus heutiger Sicht so etwas wieder machen?

Na sicher.

Wurde konzernintern geprüft, wohin das Geld geflossen ist?

Wir sind wahrscheinlich das bestgeprüfte Unternehmen Österreichs. Wir haben alle eigenen Unterlagen geprüft, in andere Firmen haben wir keinen Einblick.

Wieso haben Sie den Aufsichtsrat nicht über Ermittlungen gegen Sie informiert?

Ich wusste es erst selbst nach meiner Einvernahme. Das war Ende September.

Für ein börsenotiertes Unternehmen wären solche Informationen nicht ganz irrelevant.

Ich bin für Transparenz, aber nicht für Vorverurteilung. Das passiert hier.

Apropos bestgeprüftes Unternehmen: Wie kommt es, dass gerade bei der Telekom dieses Skandale passiert sind und jahrelang nichts davon bekannt wurde?

Ich bin derjenige, der aufgeräumt hat, und nicht der, der es verursacht hat.

Es muss aber doch eine gewisse Mentalität geherrscht haben. Wie ist das entstanden?

Wir haben die Lehren gezogen - mit harten Compliance-Regeln und einer extrem effektiven internen Revision. Es werden schon Sponsoring-Projekte ab 100 Euro geprüft.

Warum gab es das früher nicht?

Ich kann nur für jetzt sprechen. Die Justiz muss das klären. Es hat sich damit auch der U-Ausschuss beschäftigt.

Waren es einige Personen mit krimineller Energie und das Fehlen von Kontrollmechanismen?

Die Dinge hängen immer von Personen ab.

Wie lange wird die ganze Korruptionsaffäre die Telekom noch beschäftigen?

Der Libro-Prozess hat elf Jahre gedauert.

Die Telekom leidet ja nicht nur unter der Korruptionsaffäre, sondern auch wirtschaftlich.

Ich sehe meine Aufgabe darin, das Unternehmen trotz heftigstem Sturm auf Kurs zu halten. Auch Osteuropa steckt in der Krise und wir haben einen neuen Großaktionär (Carlos Slim und seine America Movil, Anm.). Das hat uns Tag und Nacht beschäftigt. Wir haben das bestmögliche herausgeholt. Es ist aber noch nicht alles easy und cool.

Ab wann hat sich der Abwärtstrend abgezeichnet?

Die europäische Telekomindustrie steckt in einer Krise. Die von der EU verordnete Senkung der Gebühren bei Roaming und Gesprächsdurchleitung kostet uns jährlich rund 60 Mio. Euro Gewinn. In Osteuropa erwarte ich ein ordentliches einstelliges Wachstum. In Österreich ist die Situation im Mobilfunk wegen des Hyperwettbewerbs und der niedrigsten Preise Europas sehr schwierig. Wir sind aber der einzige Telekomkonzern, der im Festnetz den Turnaround geschafft hat. Wir werden heuer das erste Mal nach 15 Jahren den Umsatz stabilisieren. Das ist eine Sensation.

Trotz der schwierigen Lage wurden hohe Dividenden gezahlt, warum?

Der Markt ist äußerst dynamisch. Vor einem Jahr hat niemand geahnt, dass die Preise noch mehr fallen. Erfolgreiche Telekomunternehmen sind jene, die sich schnell anpassen können und auch in Krisenzeiten in Infrastruktur investieren. Das haben wir getan, wir haben das beste Netz. Das ist die Aufgabe eines Managers: An die Zukunft zu denken.

Noch ein Versuch: Wieso war es erst nach dem Einzug von Investor Ronny Pecik in den Aufsichtsrat möglich, die Dividende zu kürzen?

In einer Wirtschaftskrise und angesichts des Preiskampfs muss man reagieren. Wir haben die Dividende sogar zweimal reduziert. Sicher nicht zur Begeisterung mancher Investoren.

Aber es bleibt der Eindruck, dass erst der neue Aktionär eine Änderung der Dividendenpolitik bewirkt hat.

Wir haben schon im Dezember 2011 die Dividende halbiert.

Da war der Herr Pecik aber schon an Bord.

Aber nicht im Aufsichtsrat.

Am Montag geht es im Aufsichtsrat um die Strategie. Wie sieht diese aus?

Wir legen einen Plan für Wachstum vor, den ich jetzt nicht erörtern möchte. Wir werden, wenn keine unverhergesehenen Ereignisse eintreten, heuer einen dreistelligen Millionengewinn machen. Es geht also nicht um Sanierung, sondern um Wachstum.

Nächstes Jahr stehen für den geplanten Kauf der Orange-Billigmarke Yesss! und die Funkfrequenzen sehr hohe Investition an.

Wir haben dafür schon einen großen Betrag eingeplant. Deshalb wird auch der Free Cashflow (die für Investitionen und Tilgungen freien Geldmittel, Anm.) deutlich sinken.

Die Telekom braucht in den nächsten Jahren also viel Geld. Schafft sie das ohne Kapitalerhöhung?

Eine Kapitalerhöhung wird derzeit nicht diskutiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 9. November 2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BILANZ PK TELEKOM AUSTRIA GROUP: AMETSREITER
Österreich

Telekom-Chef Hannes Ametsreiter im Visier der Justiz

Untreue. Hannes Ametsreiter ist unter Druck: Es geht um die Anmietung des Burgtheaters während der Fußball-Euro 2008. Die Miete floss an das SPÖ-nahe Echo-Medienhaus.
Österreich

Telekom: Anklage ist rechtskräftig

Drei früheren Telekom-Vorständen, ein Mitarbeiter und einem Broker sind wegen Untreue angeklagt. Den Beschuldigten drohen bis zu zehn Jahre Haft. Es geht um saftige Boni dank eines dubiosen Kurssprungs.
Österreich

ÖIAG: "Tagespolitik aus Unternehmen heraushalten"

Interview. Der neue ÖIAG-Chef, Rudolf Kemler, will der heimischen Staatsholding mehr Kompetenzen geben und den Telekom-Vorstand aufstocken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.