Wo die Liebe hinfällt

Paar im Buero - couple at the office
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Beziehungen am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit - und vor allem eines: Privatsache

Jahrelang saßen Peter und Anna nur wenige Meter voneinander entfernt. Nie war ihr an ihm etwas Besonderes aufgefallen. Er war ein Kollege, wie viele andere auch. Sie beide verstanden sich gut, aber mehr? Mehr war einfach nicht. Doch dann kam die Einladung eines gemeinsamen Kollegen: Geburtstagsfeier. Peter und Anna unterhielten sich lange, lachten, tanzen – und der Funke sprang über. Von nun an trafen sich beide regelmäßig, und geheim. Dass sie beide ein Paar sind, damit rückten sie lange nicht raus, bis das Versteckspiel lästig wurde. Von nun an wussten alle Bescheid. Die anderen Mitarbeiter und auch der Chef.

Beziehungen am Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Glaubt man den unterschiedlichen Statistiken, so wird mehr oder weniger jede dritte Ehe am Arbeitsplatz eingefädelt. Die Schauspieler Brad Pitt und Angelina Jolie lernten sich beide beim Dreh zu einem gemeinsamen Film kennen. Bill und Melinda Gates rannten einander bei Microsoft über den Weg. Weil die meisten einen großen Teil ihres Lebens im Büro verbringen, ist es naheliegend, den Mann oder die Frau seines Lebens auch dort kennenzulernen. Denn manchmal fehlt schlicht und einfach die Zeit, um sich außerhalb seiner vertrauten Umgebung nach der großen Liebe umzusehen.

Benchmark

Dieser Artikel erscheint in Benchmark - dem Wirtschaftsmagazin der "Presse".Privatsache? Doch wie gehen Unternehmen mit Partnerschaften in ihren eigenen Reihen um? Mit Partnerschaften zwischen Mitarbeitern, zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten?

Vor einigen Jahren bereits hatte der US-Händler Walmart in Deutschland für Aufregung gesorgt. Denn das Unternehmen hatte weltweite Leitlinien veröffentlicht, aus denen hervorging, dass Beziehungen zwischen Mitarbeitern nicht erwünscht seien. Damals hieß es: „Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann.“ Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte letztlich entschieden, dass die Leitlinien des Betriebs ungültig seien und sich das Unternehmen nicht in das Liebesleben seiner Mitarbeiter einmischen dürfe.

Ähnlich sehen das auch österreichische Firmen. Viele Konzerne argumentieren, dass die Beziehungen ihrer Beschäftigten Privatsache seien – und man sich in diese daher nicht einmische. Das sieht etwa der Energiekonzern Verbund so, wie auch der Mineralölkonzern OMV. Dass die Unternehmen zurückhaltend agieren, erklärt wohl auch, warum die Mehrheit auf explizite Regelungen oder gar Leitlinien verzichtet.

„Wir befinden uns hier im gesetzesfreien Raum“, sagt Jurist Thomas Angermair von der Kanzlei Dorda Brugger Jordis. Würden Firmen etwa von ihren Mitarbeitern verlangen, eine Beziehung zu melden, so sei dies nicht durchsetzbar. Denn als Dienstgeber dürfe man nicht so tief in die Privatsphäre seiner Mitarbeiter eindringen. „,Du hast dich verbotenerweise verliebt.‘ Das geht nicht. Man kann ja auch niemandem verbieten zu heiraten.“

Wird man als Mitarbeiter hingegen gekündigt, weil ein Betrieb unter den Streitigkeiten eines Paares leidet, ist fraglich, ob das Gericht eine Klage, die man als Betroffener wegen unsachlicher Kündigung angestrengt hat, zugunsten des Klägers durchgehen lasse, sagt Angermair.

Bei der Wiener Städtischen Versicherung, die in Österreich 3500 Mitarbeiter beschäftigt, handhabt man die Beziehungen unter Mitarbeitern so: „Sind beide Partner im selben Bereich beschäftigt, kann es mitunter schwierig werden. Ist eine Veränderung aufgrund der Arbeitssituation nötig, findet die Personalabteilung gemeinsam mit dem Paar eine Lösung, um sie innerhalb des Unternehmens ,getrennt voneinander‘ sinnvoll und für beide zufriedenstellend einzusetzen“, wie es in einer Stellungnahme von Robert Bilek, dem Personalchef des Unternehmens, heißt.

Und auch beim Stahlkonzern Voest schlägt man in die gleiche Kerbe. Zwar sei ihm noch kein Fall bekannt, bei dem ein Paar in der gleichen Abteilung gearbeitet habe, sagt Unternehmenssprecher Gerhard Kürner. „Wenn dem aber der Fall sei, dann müssten wir uns etwas überlegen.“ Auch Vater und Sohn seien in dem Industriebetrieb bislang noch nie in der gleichen Abteilung gelandet.

Für Firmen problematisch könnte es dann werden, wenn ein direktes „Über- oder Unterordnungsverhältnis besteht“, sagt Angermair. Wo es etwa um Verpflichtungen oder Weisungsrechte gehe. Viele würden daher darauf achten, solche Situationen im Vorfeld zu vermeiden.

Doch was geschieht, wenn die Beziehung zwischen einem Chef und seiner Sekretärin „einfach so“ zu einem höheren Gehalt der Sekretärin führt? Stehe das Unternehmen im Eigentum eines anderen, könne dem Mitarbeiter eine untreue Handlung vorgeworfen werden.

Lexikon

Einen großen Teil seiner Lebenszeit verbringt man nicht nur mit Freunden oder dem Partner, sondern auch mit seinen Arbeitskollegen. Dass viele Beziehungen am Arbeitsplatz geschlossen werden, verwundert daher nicht. Unternehmen haben grundsätzlich nicht das Recht, ihren Mitarbeitern Liebschaften oder Ehen zu untersagen, weil sie damit in die Privatsphäre ihrer Beschäftigten eingreifen. Der US-Konzern Walmart hatte in Deutschland vor vielen Jahren mit entsprechenden Regularien für Unruhe gesorgt – die dann bald von Gerichten für unzulässig erklärt wurden. Arbeiten Paare in der gleichen Abteilung eines Konzerns, wird möglichen Konflikten oft mit Versetzungen vorgebeugt, um den Frieden unter den Mitarbeitern zu wahren.

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