"Financial Times Deutschland" endgültig vor dem Aus

dapd
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Die Verlagsgruppe Gruner + Jahr hat die Verkaufsverhandlungen mit einem potenziellen Investor abgebrochen. Damit dürfte die Schließung besiegelt sein.

Zwölf Jahre nach dem Start steht die "Financial Times Deutschland" (FTD) vor dem Aus. Die Verlagsgruppe Gruner + Jahr brach am Donnerstag die Verkaufsverhandlungen mit einem potenziellen Investor ab, wie ein Unternehmenssprecher am Abend mitteilte. "Gruner + Jahr lag ein ernsthaftes Angebot vor, allerdings konnte der G+J Vorstand dem dort dargestellten Fortführungsszenario weder konzeptionell noch wirtschaftlich folgen." Damit sei mit einer Schließung der "FTD" zu rechnen. Am Freitagvormittag (11 Uhr) sollen Betriebsräte und Mitarbeiter informiert werden.

Über das Schicksal der anderen Wirtschaftsmedien - darunter die Magazine "Capital", "Impulse" und "Börse Online" - will Gruner + Jahr am Freitag Einzelheiten bekannt geben. Gewerkschaftsvertreter befürchten den Verlust von mehr als 200 Stellen. Bei den Wirtschaftstiteln arbeiten rund 330 Menschen.

Der G+J-Aufsichtsrat hatte nach Verlagsangaben den Vorstand ermächtigt, einen Verkauf, eine Teilschließung oder Schließung der Wirtschaftsmedien vorzunehmen. Das Gremium wird von Bertelsmann-Chef Thomas Rabe geführt, darin ist auch die Hamburger Verlegerfamilie Jahr vertreten. G+J-Mehrheitseigener ist mit 74,9 Prozent Bertelsmann, die Jahrs halten eine Sperrminorität von 25,1 Prozent.

Erstmals im Jahr 2000 erschienen

Die montags bis freitags erscheinende Zeitung war erstmals im Jahr 2000 erschienen - im damaligen Internetboom mit einer Vielzahl von Firmengründungen und Börsengängen, die kräftig beworben wurden. Werbegelder sind neben den Vertriebserlösen Haupteinnahmequelle der Branche. Allerdings hat die "FTD" bisher rote Zahlen geschrieben.

Das lachsfarbene Blatt sorgte mit seinem Erscheinen für Aufsehen und mehr Wettbewerb in der deutschen Medienlandschaft. Bis dahin gab es nur eine tägliche Wirtschaftszeitung, das "Handelsblatt". Dessen Chefredakteur Gabor Steingart hatte den Hamburger Blattmachern noch am Donnerstag prominent auf der Titelseite seine Anerkennung ausgesprochen.

Zugleich plädierte er dafür, mit den Gratis-Angeboten im Internet Schluss zu machen: "Es wird keine Rettung für die Zeitung geben, wenn wir mit dieser Umsonst-Kultur nicht brechen." Darüber müsse auch mit jüngeren Lesern, "auch wenn die sich selbst User nennen", gesprochen werden. Weil die Digital-Generation weniger Zeitungen und Zeitschriften kauft, gehen bei vielen Titeln die Auflagen zurück.

Die Branche war im November bereits durch den Insolvenzantrag der "Frankfurter Rundschau" geschockt worden. Außerdem verschwindet das Stadtmagazin "Prinz" im Dezember aus den Kiosken und präsentiert sich dann nur noch im Internet.

Gruner + Jahr hatte die "FTD" mit dem britischen Verlag Pearson ("Financial Times") aus der Taufe gehoben und Anfang 2008 auch dessen 50-Prozent-Anteil übernommen. Dabei wurden die weitere Nutzung der Marke sowie eine redaktionelle Kooperation mit dem früheren Mutterblatt "FT" vereinbart. Der Verlag Gruner + Jahr, der auch Magazine wie "Geo", "Gala", "Stern", "Brigitte" und "Neon" herausgibt, gehört mit einem Umsatz von rund 2,3 Milliarden Euro (2011) zu den größten in Europa.

(APA/dpa)

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