Louis Vuitton: Totale Kontrolle als Erfolgsgeheimnis

Louis Vuitton Totale Kontrolle
Louis Vuitton Totale Kontrolle c REUTERS CARLOS BARRIA
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Wechsel an der Spitze von Louis Vuitton: Jordi Constans folgte Yves Carcelle ein Jahr lang wie sein Schatten.

Keine persönlichen Fragen und keine Fragen zur langfristigen Strategie. Das waren die Vorgaben für eines der ersten Interviews mit dem erst letzten Montag offiziell bestätigten, neuen Chef von Louis Vuitton, Jordi Constans. Er sollte zur Geschäftseröffnung nach Wien kommen, die vorab geschickten Fragen wurden von der Pariser Pressechefin bereits bestätigt (so sehen es die Prinzipien des Hauses vor), dann wurde in letzter Minute abgesagt.

Offiziell gab es keine Begründung. Zu hören war von einem anstehenden Termin in der Konzernzentrale, bei jenem Mann, der im Hintergrund die Zügel fest im Griff hat: Bernard Arnault, Chef der Luxusgruppe LVMH, zu der auch Louis Vuitton gehört. Von Finanzanalysten musste er sich immer wieder die Frage gefallen lassen, wer denn eigentlich nach dem 63-jährigen ehemaligen Louis-Vuitton-Chef Yves Carcelle in der Reihe stehe? Also traf der gern auf alle Eventualitäten vorbereitete Arnault Vorsorge und designierte letzten September Jordi Constans zum neuen Chef. Wann genau die Übergabe erfolgen sollte, ließ er offen.

Arnault mag langsame, gut geplante Übergänge, damit neue Führungskräfte Entscheidungen und Strukturen des Hauses bis ins kleinste Detail verstehen. Das hat er schon bei der Pensionierung des Konzern-Finanzvorstandes so gemacht. Und beim Wechsel an der Spitze der Uhrenmarke TAG Heuer. Die Machtübergabe bei Louis Vuitton gilt aber als besonders heikel, denn der als sympathischer Profi bekannte Yves Carcelle hinterlässt besonders große Fußabdrücke. Er lenkte die Marke 22 Jahre lang auf Erfolgskurs, erweiterte das Kofferportfolio mit einer Modelinie, Brillen, Schmuck und Uhren. Er sperrte Geschäfte rund um die Welt auf – sogar in Ulan Bator oder Amman. Sein Konzept war gleichzeitig sein Erfolgsgeheimnis: die totale Kontrolle.

Vom Materialeinkauf bis zum Endkunden, alle Fäden laufen im Konzern zusammen, und damit bei ihm. Mit den direkten Informationen aus den Läden stellt er sicher, dass die Marke direkt auf die Wünsche der Konsumenten reagieren kann. Es gibt weder Franchisenehmer noch ausgelagerte Fertigungsbetriebe, derer man nicht Herr ist. Die Preise, die Mengen, das strenge Abverkaufsverbot, alles wird direkt aus Paris diktiert. Wo Louis Vuitton draufsteht, ist Louis Vuitton drin, lautete seine Devise. Und viele Luxusmarken haben versucht, das Modell zu kopieren. Oft vergebens.

Selbst im eigenen LVMH-Luxusstall, zu dem immerhin Labels wie Dior, Kenzo, Fendi oder Donna Karan gehören, ist Louis Vuitton das rentabelste Pferd. Marktbeobachtern zufolge kommt die Marke mit einer Rendite von 40 Prozent allein für die Hälfte des Ergebnisses des Gesamtkonzerns auf. Insgesamt produzierte die börsenotierte Luxusmaschine LVMH zuletzt einen Umsatz von 6,9 Milliarden Euro.

Aber wie tickt der Neue? Wer ist dieser bisher relativ unbekannte spanische Manager Jordi Constans? Er kommt aus dem Danone-Konzern und damit aus der Konsumgüterbranche, was reflexartig Irritationen ausgelöst hatte. Kann man Luxustaschen wie Joghurt verkaufen? Der Sprung ist zwar unüblich, aber nicht unmöglich. Auch im Management von LVMH sitzen bereits Exmitarbeiter von Procter & Gamble und der Autoindustrie. Außerdem musste Constans seinem Vorgänger Carcelle ein Jahr lang wie sein Schatten folgen. Nun versteht er Entscheidungen und kennt das Haus – und er weiß jetzt: Mit dem bei Danone üblichen krawattenlosen Führungskräftedasein ist es in der Pariser Vorstandsetage vorbei.

Steckbrief

Jordi Constans ist seit Montag der neue CEO von Louis Vuitton. Er wechselt vom Joghurthersteller Danone ins Luxus-Geschäft und löst Yves Carcelle ab, der nun Vizepräsident der hauseigenen Kunst-Foundation wird.

Der 49-Jährige gab seit seiner Designierung im September 2011 kein Interview. Louis Vuitton

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2012)

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